Robbie Williams, die Fantastischen Vier, Kraftwerk und Deichkind spielen vor der Kulisse der Universität Bonn

Hofgartenkonzerte im August: Das Bonner Sommermärchen

25 000 Fans versammelten sich im Bonner Hofgarten: Ende August pulsierte der Elektrosound von Kraftwerk vor der Kulisse der Universität durch die Innenstadt FOTO: ERNST-LUDWIG HARTZ

Weltstars in der Bundesstadt: Die Hofgartenkonzerte begeisterten im August Tausende Zuschauer. Doch ob es in Zukunft weitere Veranstaltungen in dieser Größenordnung geben wird? Das ist ungewiss

Robbie Williams, die Fantastischen Vier, Kraftwerk und Deichkind - vier Musikgrößen, die in diesem Sommer die Bonner Hofgartenwiese zum Mekka aller Liebhaber von Livemusik gemacht haben. Mehrfach mussten die Konzerte aufgrund der Corona-Pandemie seit 2020 verschoben werden, das lange Warten hatte sich aber gelohnt. Ohne Probleme kann man die Konzertreihe mitten in der Stadt als legendär bezeichnen.

Tagelang war die Stadt im vergangenen August wie verzaubert, die Menschen wirkten fröhlich und beschwingt, so etwas hatte es in Bonn noch nicht gegeben. Die Hofgartenkonzerte waren für Joachim Gerhardt, Pressepfarrer der Evangelischen Kirche in Bonn, sogar ein "Wort zum Sonntag“ wert. Angetan habe ihm besonders, so schrieb der Pfarrer, der Song von Robbie Williams "Angels". Darin heißt es: "Und ich weiß, dass ich immer mit Liebe gesegnet sein werde". Weil da jemand ist, der ihn das genau spüren lasse, singt Robbie. Ein wahrhaft himmlisches Gefühl, das der Brite mit seinem berühmten Song zum Ausdruck bringt und an jenem lauen Sommerabend des 30. August vor der mächtigen Bühne im Hofgarten wohl jeden ergriff, der live dabei war.

Die Bühne war vor dem Uni-Hauptgebäude aufgebaut worden. Ein durchdachtes System aus Techniktürmen, Verpflegungsständen und Sicherheitszäunen gewährleistete von nahezu jedem Platz auf der Hofgartenwiese einen uneingeschränkten Blick auf die Bühne. Die Federführung hatte der Bonner Konzert-Veranstalter Ernst-Ludwig Hartz. Wenn man ihn heute darauf anspricht, gerät der 62-Jährige immer noch ins Schwärmen. Und das, obwohl er bereits seit 45 Jahren als Konzertveranstalter unterwegs ist und schon Größen wie Michael Jackson, Pink Floyd und David Bowie auf die Bühne geholt hat. Ohne Ernst-Ludwig Hartz, so schrieb mal ein Musikkritiker, wäre die westdeutsche Konzertlandschaft eine andere. Stimmt. Aber diesmal war alles anders. Noch größer und "einfach fantastisch", wie Hartz es ausdrückt. Und es war natürlich eine Riesenherausforderung, schiebt er schnell hinterher.

Am 11. August begannen die Aufbauarbeiten, am 8. September war die Hofgartenwiese wieder geräumt. Die Konzerte gingen vom 26. bis 30. August über die Bühne. Rund 70 000 Menschen besuchten sie. Nicht mitgezählt die Zigtausenden, die in den Cafés und Außengastronomien in der City, in heimischen Gärten oder auf Balkonen den Konzerten lauschten. Alles in allem eine logistische Meisterleistung. "An der waren viele Menschen beteiligt, und ohne mein tolles Team hätte das nicht so reibungslos geklappt", betont Hartz und hebt besonders seine Veranstaltungsmeisterin Tine Rosch hervor. "Es war eine grandiose Stimmung in der Stadt, und die Menschen wirkten so glücklich“, erinnert er sich. Ja, es gab einige, die sich über gesperrte Straßen rund um das Veranstaltungsgelände geärgert hatten, "aber wir hatten für die Anlieger eine Durchfahrtsmöglichkeit geschaffen, und für die Größe der Veranstaltung haben sich die Beschwerden im Rahmen gehalten."

Auftakt war am 26. August mit den Fantastischen Vier. Vor rund 14 000 Zuschauern performten die Rapper ihre Hits aus 30 Jahren Bandgeschichte. Thomas D., Michi Beck, And.Ypsilon und Smudo gaben zur Freude der Fans alles. Allen voran Smudo. Leider rutschte er bei einer Zugabe aus und verletzte sich am Knie, was am nächsten Tag bundesweit für Schlagzeilen sorgte. Er hatte sich einen Kniesehnen-Riss zugezogen, operiert wurde er im nahen Petrus-Krankenhaus von Orthopädie-Chefarzt Jochen Müller-Stromberg.

Nach dem Schreck ging es einen Tag später mit einer wilden Party der Hamburger Hip-Hop- und Electropunk-Formation Deichkind weiter. Die Band ist für ihre spektakuläre Bühnenshow und die ebenso verrückten Bühnenoutfits berühmt. Apropos audiovisuell: Was Deichkind kann, kann Kraftwerk schon lange. Kein Wunder also, dass am 28. August 25 000 Menschen die Hofgartenwiese bevölkerten, als die vier Musiker von Kraftwerk an ihren Pulten die Fans mit zeitlosem Elektro-Sound und Retro-Projektionen begeisterten. Das Konzert der Elektro-Pioniere war das einzige Deutschland-Konzert der Band im Jahr 2022. Klassiker wie "Autobahn" oder "Das Model" durften natürlich ebenso wenig fehlen wie die berühmten, lebensgroßen Puppen mit ihren roten Hemden und den schwarzen Krawatten.

Der Höhepunkt der Konzertreihe war der 30. August: Robbie Williams trat vor 25 000 Fans. Sie kamen nicht nur aus Bonn, sondern waren aus dem ganzen Bundesgebiet und sogar aus dem Ausland angereist. Als der Vorverkauf 2019 startete, waren alle Karten bereits nach wenigen Minuten weg. Der 48-Jährige weiß, wie man die Massen begeistert: "Mein Name ist Robbie Williams, das ist meine Band, das ist mein Arsch und ihr seid hoffentlich gut drauf, denn ich werde phänomenal sein!", versprach er zu Beginn seines Konzertes. Unvergesslich dürfte der Abend für Anna sein: Sie feierte an dem Tag ihren 40. Geburtstag, ihre Töchter hatten ein Schild gebastelt: "Today is my birthday" stand darauf zu lesen. Robbie sah es und holte Anna für einen kurzen Moment auf die Bühne.

Ob es jemals eine Wiederholung dieses Bonner Sommermärchens geben wird? "Theoretisch ist das möglich", sagt Hartz, aber bislang hat die Universität als Eigentümerin der Hofgartenwiese dieses ausgeschlossen. Wirtschaftlich lohne es sich in dieser Größenordnung auch nur, wenn vier bis fünf Konzerte stattfinden würden. Nun, warten wir es ab. Denn der Hofgarten ist schließlich "der Ort, wo das Gefühl wächst" (Robbie Williams).

von Lisa Inhoffen und Maximilian Mühlens