Mitte September macht die überraschende Nachricht wie ein Lauffeuer die Runde im Siebengebirge und der Region: Das Großaquarium Sea Life an der Königswinterer Rheinpromenade schließt seine Pforten - und dies bereits zum Jahresende.
Stumm wie ein Fisch bleibt die Geschäftsführung der Touristenattraktion bei der Antwort auf die Frage, warum der mit Stadtbahn, Bundesbahn, Personenschifffahrt, Fährbetrieb, Rheinradweg und Bundesstraße 42 bestens angebundene Standort schließen muss. Erst Anfang Dezember räumt Martin Lind, General Manager von Sea Life, ein, was bis dahin schon bekannt ist: ,,Nach reiflicher Überlegung haben wir mit Bedauern die schwierige Entscheidung getroffen, diese Attraktion zum 31. Dezember 2022 zu schließen“, so Lind. Durch den Tagesordnungspunkt einer nicht öffentlichen Sitzung des Königswinterer Hauptausschusses war das Aus nach 17 Jahren bekannt geworden.
Das Unternehmen Sea Life Centre Meeraquarium Betriebs GmbH hatte bei der Stadt Königswinter angefragt, die eigentlich bis 2064 vertraglich festgelegte Erbbaupacht für das städtische Grundstück vorzeitig zu kündigen. Letztlich habe die Corona-Pandemie zur Schließung beigetragen, erklärte der Sea-Life-Manager. „Die Entscheidung zur Schließung war eine wirtschaftliche Entscheidung", so Lind. Der Standort und das Gebäude seien über 17 Jahre alt. Um die Standards zu halten, hätten erhebliche finanzielle Investitionen getätigt werden müssen. Diese kämen zu der erheblichen Kostensteigerung durch Inflation, steigende Löhne und steigende Energiekosten hinzu." 2020 musste Sea Life aufgrund der örtlichen und staatlichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie vorübergehend schließen. ,,Dennoch haben uns, wie auch andere Freizeiteinrichtungen und Attraktionen in der Region, die Folgen der Pandemie stark getroffen", erklärte Lind.
Was aus dem speziell für das Großaquarium konzipierten Gebäude an der Rheinallee wird, ist offen. Ein Abriss des bei seinem Bau umstrittenen Ensembles scheint die wahrscheinlichste Variante, da das Haus mit seinen vielen Becken und Ebenen ohne aufwendige Umbauten kaum für etwas anderes genutzt werden könnte. Die Stadt Königswinter und Sea Life haben sich in einem Vertrag darauf geeinigt, sich die Abrisskosten von rund 370 000 Euro hälftig zu teilen. Die Fische und Einrichtungsgegenstände des Sea Life sollen im neuen Jahr in andere Aquarien der Merlin Entertainments Gruppe, die die Sea Life-Center und viele weitere Attraktionen wie die Legoland-Parks weltweit betreibt, umziehen.
Die anfängliche Trauer über den Weggang des klangvollen Namens aus Königswinter hat sich längst in Trotz umgewandelt: Nicht wenige begreifen die Schließung der in die Jahre gekommenen Attraktion als Chance - insbesondere im Hinblick auf die Planungen für die Rheinallee. Für die gibt es nämlich bereits seit Sommer vergangenen Jahres Gestaltungsvorschläge eines Planungsbüros aus Hannover. Das möchte auf dem Areal zwischen Marktplatz und Rheinufer mehr Aufenthaltsqualität schaffen.
„Es ist ein Verlust, wenn so eine Attraktion weggeht - insbesondere eine Indoor-Attraktion", findet etwa Oliver Bremm, Geschäftsführer der Tourismus Siebengebirge GmbH. ,,Auf der anderen Seite bietet es eine Chance", fügt er hinzu. „Für uns wäre es natürlich toll, wenn wieder eine touristische Attraktion hinkäme. Gut wäre es, eine Verbindung zu schaffen mit einer neu gestalteten Rheinallee und der Tourismusachse Drachenfelsstraße." Ein Empfinden, welches auch Konditormeister Ulrich Fuchs vom Café Dix in der Königswinterer Altstadt teilt: „Das war nur am Anfang ein Publikumsmagnet. Seit vielen Jahren aber hat man das nicht mehr bei den Besucherzahlen gemerkt", so Fuchs. Der Konditormeister sieht langfristig einen Vorteil für die Attraktivität der Altstadt, falls dort wieder - wie vor Sea Life-eine Grünanlage entsteht.