Es ist gerade anderthalb Jahre her, da erschienen auf dem Buchmarkt zwei Biografien, die in die Zeit passten und die eine beachtliche Erfolgsgeschichte beleuchteten: die von Hansi Flick, der beim Erscheinungsdatum im späten Frühjahr 2021 zwar noch nicht im Dienste des DFB als höchster Fußballlehrer des Landes stand, aber immerhin oberster Vertreter des obersten Clubs im Land war - des FC Bayern. Schon im Triple-Erfolg damals blieb Flick jener Flick, den die Nation kennengelernt hatte als Assistent Joachim Löws, dem er als fachkundiger Einflüsterer beim Titelgewinn in Brasilien zur Seite stand. Er blieb seinem Wesen der Bescheidenheit treu, und er formulierte damals einen Satz mit beinahe philosophischer Anmutung: „Erfolg ist kein Besitz, er ist nur gemietet. Und die Miete wird jeden Tag fällig." Dass das Entrichten der Pacht für


Dass das Entrichten der Pacht für die deutsche Nationalmannschaft mit einigen Schwierigkeiten verbunden war, zeigte das Fußballjahr 2022. Mehr noch: Flick und sein Team blieben sie schuldig. Das wohl umstrittenste Turnier aller Zeiten in Katar war, wie es der legendäre Wutredner Rudi Völler ausdrücken würde, noch ein niedriger Tiefpunkt. Dabei war Flick mit dem hehren Ziel angetreten, die zwei vermurksten Turniere des DFB-Teams zuvor vergessen zu machen und die deutsche Mannschaft zurück in die Weltspitze zu führen. Der neue Bundestrainer führte eine neue Politik ein, legte großen Wert auf Teamarbeit auf allen Ebenen und eine ausgeprägte Kommunikation.
Dafür steht ebenso der neue DFB-Präsident Bernd Neuendorf, angetreten, alte Krusten des riesigen Verbandsapparats aufzubrechen. Doch das Scheitern bei dem politisch so aufgeladenen Turnier in Katar war auch für ihn ein Rückschlag. Denn die Deutschen gaben nicht nur sportlich ein unrundes Bild ab. Selbst Neuendorf räumte im Umgang mit der Verwendung der ,,One-Love-Binde" Versäumnisse ein.
Die Nationalspieler waren auch diesmal die Leidtragenden, die in dem undurchsichtigen Gewässer aus Politik und Sport untergingen. Die Handreichung der DFB-Spitze blieb aus. Zu der gehörte auch Oliver Bierhoff, der schließlich seinen Posten als Geschäftsführer räumen musste. Dabei hatte er zuvor den Grundstein gelegt, den deutschen Fußball in die Zukunft zu führen. Die Eröffnung des DFB-Campus im Sommer basiert ganz wesentlich auf seinem Bestreben.
Man sollte dabei nicht vergessen, dass auch die aktuelle Klasse über sehr viel Talent verfügt. Gerade der Jahrgang 1995/96 mit Könnern wie Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Serge Gnabry, Timo Werner und Niklas Süle galt als größtes Versprechen des deutschen Fußballs. Nach diesem verlorenen Jahr droht nun auch diese Generation eine verlorene zu werden. Einen Titel hat sie noch nicht gewonnen, und in vier Jahren bei der nächsten WM wird Kimmich schon 31 sein. Er habe „Angst, jetzt in ein Loch zu fallen", sagte der Münchner nach dem erneuten Vorrunden-Aus.
Dass die Nationalmannschaft aus diesem scheinbaren Nichts wieder emporsteigt, dafür zeichnet weiterhin Flick verantwortlich, dem Neuendorf den Rücken stärkt. ,,Was ich vor dem Turnier immer wieder gesagt habe, davon habe ich nichts zurückzunehmen: dass ich Vertrauen in das Trainerteam um Hansi Flick habe, dass er ein hervorragender Trainer ist, dass er die Mannschaft erreicht", sagte der DFB-Boss.
Während in der Trainerfrage Konstanz vorherrscht, hat Neuendorf jüngst Projekte angestoßen, die den deutschen Fußball auf ein breiteres Fundament stellen sollen. Er installierte zwei Arbeitsgruppen, die mit reichlich beratender Fußball-Prominenz ausgestattet sind. Zwar wurde ob der Zusammenstellung mit vielen Vertretern lediglich aus den großen deutschen Clubs prompt Kritik laut, doch kann es eine Möglichkeit sein, im kommenden Jahr die Weichen zu stellen für eine dann erfolgreichere Heim-EM 2024.