Zeitarbeitsfirma speziell für den Gastrobereich: Nach der Corona-Krise sind Personaldienstleister wie "Pacito Perso" gefragt. Dort sind 130 Mitarbeiter, darunter Festangestellte, Teilzeit- und Minijobber sowie studentische Aushilfskräfte beschäftigt

Personaldienstleister: Kochen, servieren, spülen

Michael Herzog (links) und Jérôme Gruber haben den Sprung in die Personaldienstleistung erfolgreich gemeistert. FOTO: PACITOGRAFIE

Restaurants und Eventlocations haben saison- und wochentagsbedingt in der Regel keinen gleichbleibenden Bedarf an Servicepersonal- und zudem pandemiebedingt viele Beschäftigte eingebüßt. Daher ist die Nachfrage nach flexiblen Mitarbeitern groß, sodass Gastronomen und Veranstalter gerne auf Zeitarbeitsfirmen zurückgreifen. Die sorgen in der Hochsaison und an den Wochenenden für Servicekräfte, Spüler und Köche-inklusive Lohnabrechnung sowie Ersatz im Urlaubs- und Krankheitsfall.

„Als studentische Aushilfskraft habe ich in der Redoute mit vielen Dienstleistern zusammengearbeitet und festgestellt, dass der Ruf der Zeitarbeit generell in Deutschland nicht der beste ist“, berichtet Jérôme Gruber (27). ,,Zu sehen, wie viele von den bestellten Leuten de facto kommen und mit wie vielen davon man dann vernünftig arbeiten kann, war frustrierend."

"Wir wussten, dass der Bedarf an Servicepersonal groß sein wird, wenn es wieder losgeht"

Jérôme Gruber Pacito Perso

Das muss man besser machen, dachte er am Ende seines BWL-Studiums und gründete im Februar 2021 zusammen mit Michael Herzog (29), der einen eigenen Sicherheitsdienst hatte, eine Zeitarbeitsfirma speziell für den Gastrobereich. ,,Schließlich waren die Karten neu gemischt, da einige Dienstleister coronabedingt das Handtuch geworfen hatten", fügt Herzog an. So machten sich die beiden Freunde mitten in der Pandemie unter dem Namen,,Pacito Perso" selbstständig; benannt nach Grubers französischer Bulldogge Paco. Mit der Godesberger Redoute hatten sie gleich den ersten Auftraggeber, doch aufgrund bürokratischer Hürden konnten das Start-up erst sechs Monate später starten. Den Lockdown zu Beginn des darauffolgenden Jahres überstand das junge Unternehmen mangels staatlicher Hilfen nur dank eines Privatkredits.

Doch die Jungs blieben zuversichtlich. „Wir wussten, dass der Bedarf an Servicepersonal groß sein wird, wenn es wieder losgeht", so Gruber. Mit dem Wegfall der Corona-Auflagen im Mai 2022 kamen dann auch sukzessive Anfragen von lokalen Gastronomiebetrieben, sodass man aktuell nahezu alle ,,Großen" in Bonn und der Region bedient; mit 130 Mitarbeitern-darunter Festangestellte, Teilzeit- und Minijobber sowie studentische Aushilfskräfte. Zu ihren Kunden zählen unter anderem die Köln-Düsseldorfer, Maritim Hotels und Crave Events. Im März diesen Jahres kamen zum Hauptsitz in Bonn-Mehlem weitere Standorte in Köln und Düsseldorf hinzu.

Herzog und Gruber sind bei fast allen Einsätzen dabei. ,,Das schätzen viele Kunden sehr“, sagen sie und wollen für ihr Team weniger Chef als vielmehr Kollege sein-getreu ihrem Motto ,,Work with friends". Daher übernehmen sie auch unbeliebte Aufgaben wie Logistiker oder Spüler. ,,Das kommt bei unseren Mitarbeitern gut an." Daneben kümmern sie sich selber um Projekt- und Personalmanagement sowie Controlling. ,,Da das auf Dauer nicht mehr zu schaffen ist, werden wir unser Büroteam vergrößern“, so Herzog.

Die Geschäftsführer wollen in ihrer Firma auch ausbilden und hatten im März ein Gespräch mit der IHK Bonn-Rhein/Sieg. Jetzt sind sie nach eigenen Angaben die deutschlandweit erste Zeitarbeitsfirma in der Gastronomie, die eine Ausbildungs-Kooperation mit einer Location bzw. einem Veranstalter hat. Bei dem Pilotprojekt werden die beiden Azubis von Nils Gödde von der Geschäftsleitung der Godesberg Gastronomie & Event GmbH zum Fachmann bzw. zur Fachfrau für Restaurants & Veranstaltungsgastronomie ausgebildet - und nicht nur auf der Godesburg arbeiten, sondern auch in der Redoute oder im Maritim. ,,Von diesen Kunden benötigen wir nur eine Bescheinigung, dass sie ausbilden dürfen", erklärt Gruber, „und dann funktioniert das Konzept." Er und Kompagnon Herzog werden auch einen Ausbildungsschein machen, um Ende des Jahres selber eine Bürokraft ausbilden zu können.

,,Damit wollen wir uns auch bei der Agentur für Arbeit beweisen", sagt Michael Herzog, ,weil wir jedes Jahr eine Prüfung für die Arbeitnehmerüberlassung haben.“ Diese wird in den „Betriebserlaubnis" ersten drei Jahren nur befristet für jeweils zwölf Monate gewährt. ,,Da wird einfach alles geprüft, von der Mitarbeiteranmeldung über die Zeiterfassung bis zur Entlohnung", berichtet Gruber. Daher hat sich das Duo einen Unternehmensberater an Bord geholt und blickt zuversichtlich ins nächste Jahr, wo ,endlich" die unbefristete Arbeitnehmerüberlassung beantragt werden kann.

Um ganze Dienstleistungspakete anbieten zu können, baut man sich mit ,,Pacitografie" gerade ein zweites Standbein auf. ,,Somit decken wir für Veranstaltungen alles ab: Service, Fotografie und künftig auch DJ-Leistungen", sagt Mitarbeiter David M. Thüren (25),,, und wollen außerdem kleine Gastrobetriebe im Bereich Marketing und Social Media unterstützen." Der Fotograf, Eventmanager und Marketingexperte war von der Agentur, die den Web-Auftritt von „Pacito Perso" gestaltet hat, seinerzeit zu dem Start-up gewechselt. ,,Wir drei sind schon länger gute Freunde", erklärt er. Working with friends. MARTINA SONDERMANN


Personalmangel in der Gastronomie

Beschäftigtenzahlen weiterhin unter Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019

Die Gastronomie gehört zu den am härtesten von der Corona-Krise und den gestiegenen Lebensmittelpreisen Energie- und betroffenen Branchen. Zwar nahmen die realen Umsätze in 2022 laut Statistischem Bundesamt (Destatis) im Vergleich zum Vorjahr um 38,7 Prozent zu, aber der Umsatzrückgang gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 betrug immer noch 12,8 Prozent. Grund: Die Umsätze waren nach dem besonders starken Einbruch in 2020 auch im darauffolgenden Jahr 2021 weiter gesunken.

Infolgedessen verzeichnet die Gastrobranche während der Pandemie einen deutlichen Beschäftigungsrückgang und hat das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 noch nicht wieder erreicht. 2021 waren laut Destatis hier rund eine Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig oder geringfügig entlohnt beschäftigt - und damit etwa ein Siebtel (14,7%) weniger als 2019. Den Tiefpunkt erreichte die Beschäftigtenzahl in den Wintermonaten 2020 sowie im Frühjahr 2021, als bundesweit coronabedingt viele Einschränkungen galten und Lokale geschlossen bleiben mussten.

Der Anteil an geringfügig entlohnten Beschäftigten ist in der Gastronomie hoch: 2021 waren mehr als ein Drittel (34,1 %) „Minijobber". Vor allem bei diesen 520-Euro-Jobs verlor die Branche in den beiden Krisenjahren an Beschäftigten, wie eine Auswertung des statistischen Unternehmensregisters zeigt: Ihre Zahl sank 2021 gegenüber 2019 um 23,1 Prozent auf 346 500. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ging im selben Zeitraum um 9,4 Prozent auf 662 400 zurück.

2022 nahm die Beschäftigtenzahl dann wieder zu, lag aber dennoch deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Zwar gab es 12,5 Prozent mehr Beschäftigte in der Gastrobranche als im von Corona-Beschränkungen geprägten Jahr 2021; zugleich waren es jedoch noch gut ein Zehntel (11,8 %) weniger als 2019. Was den Bestand an Leiharbeitnehmern angeht, gehört die Gastronomie zu den Top 20 Berufsgruppen und lag zum Stichtag 30.06.22 laut der Bundesagentur für Arbeit auf Platz 11 der Statistik. Rund 17 000 Menschen waren zu diesem Zeitpunkt als Leiharbeiter in der Gastronomie beschäftigt, wobei Nordrhein-Westfalen als einwohnerstärkstes Bundesland mit rund 3400 Leiharbeitnehmern nur knapp hinter Berlin (3542) auf Platz 2 rangierte. In 2019 belegte die Gastronomie mit bundesweit 28 153 Leiharbeitnehmern noch Platz 6 (Stichtag 31.12.2019). sdm