Natürlich kann man Kartoffeln selbst anbauen. Das gelingt sogar sehr gut - aber man sollte ein paar Eigenheiten der Pflanze kennen

Pommes und Chips aus dem Garten

Schöne Kartoffelernte: Bei einer Bodentemperatur von 15 Grad entwickeln sich die Knollen am besten. FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA-TMN

Pommes, Klöße, Gnocchi, Püree - und haben wir schon Chips erwähnt? Diese Speisen bestehen aus Kartoffeln-kaum eine Nutzpflanze ist so reich auf unserem Speiseplan vertreten wie sie. Und wie viele Knollen landen sogar als Ganzes auf unseren Tellern? Zumindest ein Teil unseres Kartoffelbedarfs lässt sich einfach im eigenen Garten anbauen.

Im Grunde kann man jede Pflanzkartoffel nehmen und zur Anzucht der nächsten Pflanzen- und Knollengeneration nutzen. Es bietet sich aber an, aus der Vielzahl an Sorten jene auszusuchen, die für den Anbau im Privatgarten auch geeignet sind.

Und das sind nicht wenige: Rund 100 seien es, berichtet Kim Sharon Leary, Fachberaterin für den Kleingarten aus Mülheim an der Ruhr. Die Sorten unterscheiden sich zum Beispiel in Erntezeit, Lagerfähigkeit, Kocheigenschaften, Form, Farbe von Schale und Innerem sowie in der Größe.

Der Pflanzenhandel bietet auch sogenannte Saatkartoffeln an. „Im Vergleich zu den Speisekartoffeln, die für den Verzehr angebaut werden, stammen die sogenannten Saat- oder Pflanzkartoffeln aus speziellen Anzuchtbetrieben", erläutert Martin Nickol, Kustos des Botanischen Gartens der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Eine Zertifizierung bescheinigt, dass die Kartoffeln virenfrei sind und die Qualität für den Anbau haben.

Die Knollen müssen vortreiben

Die Kultur der Kartoffeln beginnt im Frühjahr, wenn die Böden sich auf knapp zehn Grad erwärmt haben. Ab dem 15. April herum ist eine gute Zeit. Aber zuvor müssen die Knollen schon erste Triebe entwickeln, die das Wachstum im Boden dann beschleunigen.

Man kennt diese Entwicklung: Lagern Kartoffeln in der Küche zu warm oder zu hell, zeigen sich an der Schale erst Augen und mit der Zeit werden daraus Triebe. Aber: Werden diese Triebe lang und hellgrün, sind sie für die Kultur wertlos, so Leary. Sie empfiehlt daher, die Saatkartoffeln ab Mitte März in Eierkartons zu legen und diese bei Temperaturen von 12 bis 15 Grad möglichst hell aufzustellen. „So bilden sich kräftige, dunkelgrüne Triebe."

Diese Knollen kommen am besten in sandige und sandig-lehmige Böden. Schwerere Böden müssen aufbereitet werden, Kim Sharon Leary empfiehlt dafür Kompost. Er lockert nicht nur den Boden auf, er reichert ihn auch mit Nährstoffen an. Denn Kartoffeln sind Mittel- bis Starkzehrer. Alle Böden müssen vor dem Pflanzen noch mal gelockert werden, dann kommen die vorgetriebenen Knollen darin in zehn Zentimeter tiefe Furchen. Zwischen den einzelnen Kartoffeln sollte ein Abstand von 35 Zentimetern bleiben, zwischen den Reihen 70 Zentimeter. Über die Knollen kommt eine dicke Schicht Erde und bis keine Spätfröste mehr drohen, was in Deutschland in der Regel bis Mitte Mai möglich ist, sollten licht- und wasserdurchlässige Wachstumsfolien die Pflanzen schützen.

Die Pflanze bildet nun krautige, oberirdische Triebe. Und mit zunehmender Größe entwickeln sich im unteren Teil des Stängels sogenannte plagiotrope Achsen, erklärt der Botaniker Nickol. Dabei handelt es sich um waagerecht in den Boden wachsende Ausläufer, die nach und nach dicker und schließlich zu den Knollen werden.

Kartoffeln brauchen nach und nach extra Erde

,,Durch das Anhäufeln entstehen noch mehr dieser Triebe", sagt Nickol. Damit ist gemeint, dass man immer wieder Erde aus den Zwischenräumen der ganzen Bepflanzung nimmt und direkt an die einzelnen Pflanzen gibt - sie wachsen dann also auf Wällen. Gleichzeitig verhindert man mit dem Anhäufeln das Wachstum von Unkraut und fördert die Gesundheit der Pflanzen.

Kartoffelernte im Spezialtopf

Dieses Anhäufeln ist auch wichtig beim Anbau von Kartoffeln im Kübel. Die Knollen wachsen hier gut in speziellen Kartoffeltöpfen aus einem Hauptgefäß und einem innenliegenden Einsatz mit mehreren offenen Fenstern. In diese legt man am besten maximal drei Knollen und deckt sie wie üblich mit Erde ab, wie Expertin Leary erklärt. Nun kommt aber die Besonderheit: Der Topf ist zunächst nicht ganz mit Erde gefüllt. Den Raum nach oben braucht man für das Nachfüllen mit Erde. Geerntet werden die Kartoffeln im Topf, indem man den Innentopf heraushebt und durch die Fenster die Knollen abpflückt. Anschließend werden die Töpfe wieder ineinander gestellt, damit weitere Knollen wachsen können.

Bei einer Bodentemperatur von 15 Grad entwickeln sich die Knollen am besten. ,,In kühlen Sommern hören sie auf zu wachsen und ebenso bei Temperaturen über 30 Grad", erklärt der Kustos Nickol.

Die frühen Sorten lassen sich bereits im Juli und August ernten. Die mittelfrühen Knollen werden Anfang September aus der Erde geholt und die späten können bis in den Oktober ausgegraben werden. ,,Dazu nimmt man am besten eine Grabegabel und siebt damit quasi das Erdreich nach reifen Knollen ab", erklärt Fachberaterin Leary.

Die Kartoffelpflanze ist auch eine Zierpflanze

Als vor über 500 Jahren die Kartoffel von Südamerika nach Europa kam, sah man in den horstig wachsenden Pflanzen eher eine Zier- als eine Nutzpflanze. Es dauerte dann sogar fast zwei Jahrhunderte, bis die Kartoffeln nicht mehr nur als Viehfutter und Nahrung für Arme anerkannt wurden.

Die bei uns verbreiteten Kartoffelsorten gehen auf Landsorten aus den Anden zurück, berichtet Martin Nickol. Schon im Reich der Inka waren diese Knollenpflanzen als Nahrungsquelle beliebt. Zurecht: Sie sind schließlich nahrhaft und enthalten recht viel Vitamin C.

VON DOROTHÉE WAECHTER