Bei der Ausbildung zum Logistik-Kaufmann lernen junge Menschen sehr viel - vor allem Teamwork

„Es geht nicht alleine"

Container, soweit das Auge reicht: Am Bonner Hafen ist Am Zehnhoff-Söns als großes Logistikunternehmen tätig. FOTO: AM ZEHNHOFF-SÖNS

VON JÖRG WILD

Logistik-Kaufleute müssen ziemlich flexibel sein, gut rechnen können, Englisch beherrschen - und vor allem auch in stressigen Situationen klaren Kopf bewahren. Dafür erwartet sie ein abwechslungsreicher Job, bei dem kein Tag wie der andere ist. Im Bonner Hafen lernen gerade zwei junge Männer, wie man sich durch die Ausbildung kämpft und daran wächst.

,,Den Bonner Hafen kennen leider nur viel zu wenige Menschen hier in der Stadt", erklärt Tanja Gensheimer etwas betrübt. „Dabei ist der ein wichtiger Wirtschaftsstandort!" Wir werden die Dame gleich noch kennenlernen und die Arbeit am Hafen auch. Denn wie interessant es dort ist, erfährt man spätestens bei einem Besuch auf dem Gelände des internationalen Logistikunternehmens Am Zehnhoff-Söns.

Lkws fahren vor und wieder weg, Container werden von einem riesigen Kran über den Platz gehoben, und am Ufer liegt ein Frachtschiff mit Schüttgut. Damit all das Hand in Hand greift und die Waren sicher von den Kunden zum Adressaten gelangen, dafür sind gut ausgebildete Logistik-Fachleute gefragt. Apropos Ausbildung: 230 Mitarbeiter beschäftigt Am Zehnhoff-Söns allein in Bonn, 30 weitere am Standort in Trier. 15 von ihnen sind Auszubildende in unterschiedlichen Berufszweigen. Marlon Winkel und Robin Dahl sind zwei von ihnen. Sie lernen beide im dritten Lehrjahr, wie ,,die vielen Zahnrädchen in einander greifen", die nötig sind, um Waren vom Versender zum Empfänger zu bringen.

Marlon Winkel und Robin Dahl sind auch als Azubis mit verantwortlich dafür, dass die Container am Hafen möglichst kostensparend und schnell bei den Kunden ankommen. FOTO: JÖRG WILD
Marlon Winkel und Robin Dahl sind auch als Azubis mit verantwortlich dafür, dass die Container am Hafen möglichst kostensparend und schnell bei den Kunden ankommen. FOTO: JÖRG WILD

Wer macht sich schon Gedanken darüber, wie das Handy aus Südkorea ins Regal des Elektrogroßhändlers kommt oder die Ananas aus Afrika in die Obstabteilung des Supermarktes? ,,Ich sehe solche Dinge inzwischen viel bewusster, weil ich weiß, was alles damit zusammenhängt", sagt Tanja Gensheimer, Personalreferentin des Logistik-Dienstleisters. Und auch Marlon Winkel erkennt inzwischen unendlich viele Details, die zu einer Lieferkette gehören. Er wollte ursprünglich Büromanagement lernen, hat sich dann aber im Vorstellungsgespräch und während eines Praktikums für eine Ausbildung zum Logistik-Kaufmann entschieden. ,,Das ist abwechslungsreich, in vielen Anforderungen sehr speziell und es kann immer mal was schiefgehen." Davon kann auch Robin Dahl ein Lied singen. Der wollte eigentlich zunächst Logistik studieren, hat sich dann aber für eine Ausbildung entschieden. Das praktische Arbeiten sollte vor der umfangreichen Theorie stehen, die ein Studium vermittelt, meint er inzwischen und hat damit völlig Recht. Denn in der Logistik-Branche, und speziell in einer so vielschichtig aufgestellten Firma wie Am Zehnthoff-Söns, sind etliche Karrierechancen möglich. Tanja Gensheimer betont mit wohlwollendem Blick auf ihre beiden eifrigen Azubis, dass das Unternehmen berufsbegleitendes Studium durchaus unterstützt.

Aber davor steht natürlich der Alltag am Hafen. Englisch-Sprachkenntnisse und gerne eine weitere Sprache sind wichtige Voraussetzungen. Ein Interesse an Geografie sowie gutes mathematisches Verständnis und möglichst auch EDV-Kenntnisse sind wichtige Grundlagen für die Arbeit. Viele Abiturienten bringen solche Voraussetzungen kaum noch mit, bedauert Tanja Gensheimer, dabei sind sie so wichtig für den Alltag in einem Unternehmen.

Denn auch das ist natürlich Alltag für Marlon und Robin: Der ständige Umgang mit unterschiedlichen Software-Programmen. Daneben gehören Telefon- und Mailkontakte mit den Kunden zu den Routineaufgaben. Die Betreuung der anvertrauten Ware, Verzollung, Vertrieb, Warenwirtschaft, Einhaltung von Terminen, Wahl des Verkehrsmittels für den Transport... es ist die pure Vielfalt, die sich aus dem Aufgabengebiet ergibt.

Dabei haben die Azubis von Am Zehnhoff-Söns wirklich Glück. Das Unternehmen vereint alle Transportmittel. Bahn, LKW, Flugzeug und Schiff gehören dazu - und in allen Abteilungen sollen die Auszubildenden eine Zeit verbracht haben. „Das bringt uns natürlich auch in der Schule ziemliche Vorteile gegenüber Mitschülern, die beispielsweise nur in einer LKW-Spedition arbeiten", erklärt Marlon Winkel.

Der Job, soviel wird schnell klar, erfordert viel Flexibilität. „Und das ist seit Corona noch viel deutlicher geworden", meint Tanja Gensheimer. Logistik war schon immer ein Gebiet, in dem von einem Moment auf den anderen etwas schief gehen kann. Schiffe versperren den Suez-Kanal, Piloten streiken, Unwetter machen Straßen unpassierbar, der ausgetrocknete Rhein des vergangenen Sommers hat viele Transportpläne über den Haufen geworfen. „Man sollte möglichst immer einen Plan B haben oder schnell einen entwickeln können“, hat Robin Dahl gelernt.

Aber an all diesen Anforderungen und Lernmöglichkeiten wächst man auch. „Viele Eigenschaften kann man sich hier aneignen - die muss man nicht von Anfang an mitbringen", erklärt Tanja Gensheimer. ,,Deshalb ist es ja auch eine Ausbildung", fügt sie lächelnd hinzu. Das ist gut für den Job und praktisch fürs Privatleben, wo die beiden Azubis inzwischen ganz anders kommunizieren und wirtschaften als noch zu Schulzeiten.

Die Ausbildung macht den beiden jungen Männern ganz offensichtlich viel Spaß und füllt sie aus. Marlon und Robin sind als Ausbildungsbotschafter an Schulen unterwegs, um für den Logistik-Kaufmann zu werben. Aber auch ganz generell um den Schülern klar zu machen: Eine Ausbildung ist Gold wert. Ein Studium kann folgen, aber die Grundlagen für das Berufsverständnis liegen nach wie vor in der guten alten Lehre.