Viele Berufe klingen nicht sexy

Provokante Plakatkampagne des Handwerks. FOTO: SASCHA STIENEN

Es fehlen auch in der Immobilienwirtschaft jede Menge Fachkräfte

Der Begriff vom ,,Fachkräftemangel" ist auch in der Immobilienwirtschaft in aller Munde. Aus Sicht von Bauträger Bernd Hensel (Renum Projektgruppe) ist der Mangel sogar ein leidiges Thema: ,,Wir haben immer Personalprobleme." Wie er festgestellt hat, beginnt das Ganze bereits bei ganz grundsätzlichen Lebensperspektiven: „Viele junge Menschen wollen nicht mehr Vollzeit arbeiten“, fasst Hensel Erfahrungswerte zusammen. ,,30 Stunden Arbeitszeit pro Woche sind ok, mehr aber nicht", bekommt er bei Personalgesprächen oft zu hören. Für ihn als Bauträger ist eine solche Arbeitseinstellung schwierig: ,,Wenn jeder 25 Prozent weniger arbeitet, dann fehlen mir als Unternehmer 25 Prozent der Leute", bringt es Bernd Hensel auf den Punkt.

,,Zum Thema WorkLife-Balance kommt nämlich auch noch die Frage hinzu, ob man etwas Sinnstiftendes tut"
Victoria Appelbe
Wirtschaftsförderin

Er ist sich dabei sicher, dass man eine solche Arbeitseinstellung auch mit Geld nicht lösen könne: ,,Das interessiert die jungen Menschen nicht. Sie wollen lieber mehr Freizeit haben." Viele würden dabei auch gar nicht mehr an ihre spätere Rente denken. Was Bernd Hensel aber noch größere Sorgen macht: ,,Viel zu wenige wollen noch ein Handwerk erlernen. Dabei kann handwerkliches Arbeiten große Freude bereiten. Ich sehe das jeden Tag auf meinen Baustellen."

„Der Fachkräftemangel im Handwerk ist gerade in Hinsicht auf die Sanierung im Bestand ein Riesen-Thema", bestätigt Wirtschaftsförderin Victoria Appelbe (Stadt Bonn): ,,Die duale Ausbildung ist eine Säule unserer Wirtschaft. Aber das Interesse daran lässt nach, auch die Neigung der Eltern." Nicht von ungefähr verweist die Wirtschaftsförderin auf eine provokative Kampagne des Handwerks, wo es heiße: ,,Das Problem sind meine Eltern."

Zur Frage, was man zur Verbesserung der Situation tun könnte, sagt Victoria Appelbe: ,,Wegen der Berufsorientierung sind wir mit vielen Akteuren des Arbeitsmarktes im Austausch, um zu schauen, wiewir gerade für die klimarelevanten Berufe im Handwerk, die wir dringend für Sanierungen im Bestand brauchen, junge Menschen begeistern können." Für sie ist daher das Stichwort Ausbildungsoffensive von zentraler Bedeutung. So zum Beispiel für den wichtigen Bereich Photovoltaik, wo ja viele Gewerke gefragt seien.

Allerdings sieht die Bonner Wirtschaftsförderin dabei noch jede Menge Imagedefizite, die es zu beheben gelte: ,,Viele Berufsbezeichnungen klingen nicht sexy", findet Appelbe. ,,Zum Thema Work-Life-Balance kommt nämlich auch noch die Frage hinzu, ob man etwas Sinnstiftendes tut." Wenn man manche Berufsbezeichnung lese, wird aber eben genau das nicht vermittelt: „Eigentlich geht es genau darum, dazu beizutragen, dass die Wirtschaft transformiert wird." Dieses müsse man den jungen Menschen auch griffig transportieren."
VON AXEL VOGEL