Die ESG-Kriterien fordern den Markt in Hinsicht auf Umwelt, Soziales und eine gute Unternehmensführung

Nachhaltigkeitskriterien beeinflussen den Immobilienwert

Frederike Krinn (Landmarken AG) sieht in den Nachhaltigkeitskriterien große Chancen für Projektentwickler. FOTO: AXEL VOGEL

VON SASCHA STIENEN

Die Anforderungen von Gesetzgebern, Investoren und Nutzern an die Nachhaltigkeit von Immobilien steigen. Die Einhaltung der Nachhaltigkeitskriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung - die sogenannten ESG-Kriterien - haben sich vor allem im Hinblick auf Energieeffizienz und CO2-Einsparung zu einem entscheidenden Kriterium für den langfristigen Wert einer Immobilie entwickelt. Das wurde beim 1. GA-Forum Gewerbeimmobilien deutlich.

Torsten Hamm (Greif & Contzen) verdeutlichte, dass ESG in der Immobilienwirtschaft ein großes Thema sei: ,,Die meisten Großunternehmen haben sich das auf die Fahnen geschrieben und wollen das auch mit Macht umsetzen." Idealerweise könnten Projektentwickler die ESG- und Nachhaltigkeitsthemen in einem guten Neubau lösen. ,,Im Bestand werden viele Vermieter an ihre Grenzen kommen. Sie können bestimmte Dinge optimieren, sie können das Ganze energetisch sinnvoller umstrukturieren, nachhaltige Energiequellen nutzen, aber es gibt halt Grenzen. Und selbst das kostet extrem viel Geld."

Das bestätigte Bernd Hensel (Renum Projektgruppe Bonn) und nannte einige erfolgreiche Beispiele: ,,Bei dem Projekt, das wir gerade bauen, brauchen wir keinerlei Primärenergie. Wir setzen Geothermie ein und nutzen eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, die 40 Prozent des Stroms liefern soll, wenn die Sommer so bleiben, wie wir sie in den letzten Jahren hatten." So mache das Heizen nur noch 25 Prozent des Gesamtenergiebedarfes aus, der Rest werde für die Kühlung verwendet. Auch bei Bestandsimmobilien seien Verbesserungen durch Photovoltaik oder Geothermie möglich.

Guido Dörrenberg (Sparkasse KölnBonn) ergänzte: ,,Gerade bei den Sanierungen im Bestand ist nicht nur die Kostenfrage relevant, sondern auch die gesellschaftliche Verantwortung und aus Investorensicht die Frage: Finde ich zukünftig überhaupt noch einen Investorenmarkt, der ein nicht saniertes oder optimiertes Objekt aufnimmt?" Der Finanzierungsexperte sagte ganz klar: ,,Nichtstun ist das mittelfristige Todesurteil für die Marktfähigkeit und Veräußerbarkeit eines Projektes oder Objektes."

Frederike Krinn (Landmarken AG) sagte: „Es geht nicht darum, was man mehr bekommt, wenn man ESG macht, sondern was man viel viel weniger bekommt, wenn man es nicht macht." Das sei die Leitlinie für die nächsten Jahre. ,,Das ist natürlich auch mit Kosten verbunden, die nahezu so hoch sind wie beim Neubau. Aber ich glaube, dass das bei allen Unsicherheiten total viele Chancen bietet." Mit den Nutzungskonzepten für Innenstädte müsse sich die Branche zwangsläufig wieder mehr beschäftigen. Die Frage stelle sich nun automatisch: „Wie entwickele ich eigentlich ESG-konform? Das E kann ich messbar machen. Was heißt das aber für das S: Wie sorge ich dafür, dass es auch ein in gesellschaftlichem und sozialem Sinne robustes Produkt ist?"

Victoria Appelbe (Wirtschaftsförderung Stadt Bonn) hielt fest: „Bei den Genehmigungsprozessen für Technologien mit erneuerbaren Energien haben die Behörden noch nicht so richtig aufgeholt im Hinblick auf unsere gesellschaftlichen und staatlichen Ziele." Die Visionen seien klar formuliert, aber: ,,Es muss noch mehr passieren - auch auf der Seite der Gesetzgebung -, damit Konzepte schneller genehmigt werden. Wir haben keine Zeit zu verlieren - im Hinblick auf das Klima, aber auch in Hinblick auf die Mietnachfrage." Sanierungen im Bestand sollten pragmatischer genehmigt werden, zum Beispiel beim Ausbau der Infrastruktur für Elektrofahrzeuge.

Projektentwicklerin Frederike Krinn blickt zuversichtlich in die Zukunft und nannte als Beispiel die Refurbishing-Strategie der Landmarken AG für die beiden Bestandsobjekte Lindeblock in Bad Godesberg und die Kreuzer Höfe in Duisdorf. Dort bieten sich hervorragende Chancen, gute Antworten zu finden für eine energetische und soziale Sanierung unter ESG-Kriterien." Mit einem robusten Konzept könne man etwas Besonderes aus den beiden Projekten machen. ,,Das macht an unserem Job Spaß: mit einer Vision zu arbeiten und im wahrsten Sinne des Wortes etwas zu entwickeln."

Wirtschaftsförderin Victoria Appelbe äußerte den Wunsch, dass Bonns Wirtschaft noch nachhaltiger werde und sich hier immer mehr Unternehmen ansiedeln, die nachhaltige Produkte und Dienstleistungen bieten. „Wir hoffen, dass das - gerade im Umfeld der Vereinten Nationen und des Klimasekretariates - The Next Big Thing wird."