Beim Thema Mieterstrom sehen die Experten und Expertinnen im GA-Forum Energie noch eine ganze Menge Reformbedarf

SWB-Experte zum Thema Mieterstrom: "Das ist eine Katastrophe“

So könnte es gehen: Moderne Mehrfamilienhäuser mit Solaranlagen und Ladesäulen für Elektroautos. FOTO: GETTY IMAGES/SL-F

Wenn von der Energiewende die Rede ist, sind sich Experten darüber weitgehend einig, dass dafür insbesondere ein großes Problem angepackt werden muss: Eine grundlegende Reform des Mieterstroms. Schließlich wollen auch Millionen Mieter und Wohnungseigentümer künftig umweltfreundlich erzeugten PV-Strom möglichst von ihren Hausdächern beziehen. Bislang verhindert das ein hoch kompliziertes Regelwerk. „Am Thema Mieterstrom doktert der Gesetzgeber schon seit Jahren herum, um die Regelungen so zu gestalten, dass man einen Durchbruch erzielt“, bestätigt auch Philipp Hawlitzky (SWB Energie und Wasser). Entsprechende Abrechnungen und Regulierungen sowie Messkonzepte sind extrem komplex.“ Gegenwärtig suchten SWB-Kollegen aus dem PV-Bereich in Pilotprojekten nach Lösungen: „Wir hoffen, dass davon in Bonn einige umgesetzt werden können.“

Gerne für ein Pilotprojekt zur Verfügung stellen würde sich Peter Küpper (Geschäftsführer Josef Küpper Söhne, Heizungshandwerk). „Bei einem 15-Parteien-Haus in Friesdorf, das mir gehört, könnten wir das machen.“ Aus seiner Sicht verhinderte das Mieterstromgesetz bei vielen Mehrfamilienhäusern, dass Eigentümer diese mit einer PV-Anlage bestücken: „Die Hausbesitzer würden investieren, denn das Geld ist in vielen Fällen da.“ Wegen der komplexen Gesetzesregelungen würden solche Vorhaben aber nicht umgesetzt: „Das ist eine Katastrophe.“

Auch Hawlitzky kann Küpper noch keine Hoffnungen auf Teilhabe an einem Pilotprojekt machen: „In der Breite der Stadt Bonn ist das leider noch nicht möglich“, erklärt er. „Als Stadtwerke wären wir zwar ein idealer Partner, um solche Projekte mit der Wohnungsbaugesellschaft anzugehen. Bisher stand aber leider oftmals die Regulatorik im Weg.“ Dabei verweist er insbesondere auf Regelungen auf Bundesebene. „In der PV-Strategie ist das Thema Mieterstrom angedockt. Da wird ein weiterer Versuch unternommen, die Regelungen zu erleichtern.“

"Es gibt jetzt vom Land NRW einen neuen Förderbaustein, der bei Mieterstromprojekten den Austausch der Hauselektrik mit recht hohen Summen unterstützt“
Philipp Hawlitzky
SWB Energie und Wasser

Recht bekommt der SWB-Experte von Carlos Pancho (Knauber Unternehmensgruppe): „Lösungen zu finden, ist leider noch sehr schwer, weil die Regelungen sehr kompliziert sind.“ In Deutschland gebe es nämlich kaum intelligente Stromzähler, die für eine Reform bei der Mieterstrom-Gesetzgebung erforderlich wären: „Das alles lohnt sich aktuell nicht wirklich, da ist viel Kleinklein im Spiel, wenn man im Bestandsbau unterwegs ist. Im Neubaubereich sind gekoppelte Anfragen für intelligente Wärmekonzepte mittlerweile der Standard, zumindest im Bereich für Contractingleistungen der Knauber Unternehmensgruppe. „Hier implementieren wir für Wohnquartiere kombinierte Ansätze aus selbst produziertem Strom mit maximaler Leistung, der Verwendung für die Eigenversorgung der Wärme-Kälteanlagen und in diesem Rahmen Mieterstrommodelle, sowie die Einspeisung der Überschüsse.“

SWB-Experte Hawlitzky sieht allerdings Licht am Ende des Tunnels: „Es gibt jetzt im Messstellenbetriebsgesetz eine Änderung, dass ich keinen physischen Summenzähler mehr im Keller brauche, sondern einen virtuellen Summenzähler.“ In der Praxis bedeutet das, dass sich der Hauseigentümer Installations- oder Austauschkosten ersparen kann. Hinzu kommt: „Und es gibt jetzt auch recht frisch vom Land NRW einen neuen Förderbaustein, der bei Mieterstromprojekten den Austausch der Hauselektrik mit recht hohen Summen unterstützt.“

Zur Frage, ob es technisch derzeit überhaupt möglich ist, Mietobjekte mit Photovoltaik-Strom zu versorgen, sagt Markus Bolle (Geschäftsführer von Solaris & More): „Wir können das machen. Die beste Änderung im Mieterstromgesetz war das EEG 2023, weil das Volleinspeiseranlagen wieder zulässt.“ Daher würden viele Vermieter die Dächer ihre Miethäuser mit Volleinspeiseranlagen bestücken. In seinen Beratungsgesprächen bestärkt Bolle seine Kunden auch in diesem Vorhaben, und zwar nach dem Motto: „Jetzt kann ich die Energiewende vorantreiben, jetzt kann ich die Immobilie vielleicht in die Volleinspeisung bringen.“ Wenn es zwei oder drei Jahren gesetzliche Änderungen gebe, könne man die Anlage auf jeden Fall wieder umbauen.

„Es hat bei diesem Thema bereits weitere Vereinfachungen geben“, ergänzt Stephan Herpertz, (Energieberater der Verbraucherzentrale NRW in Bonn). „Das darf man bei der Diskussion auch nicht unterschlagen.“ In kleinen Mehrfamilienhäusern gebe es grundsätzlich die Möglichkeit, über eine Photovoltaik-Anlage mehrere Haushalte zu versorgen: „Bislang sei selbst die Mitversorgung einer Souterrainwohnung rechtlich schwierig gewesen, so berichtet Herpertz weiter. „Dies sei ein erster Schritt, den sogenannten kleinen Mieterstrom voranzubringen, betont Herpertz.“ Wie es sich mit der internen Abrechnung und anderen energierechtlichen Anforderungen an den Vermieter als Lieferanten verhält, sei freilich eine ganz andere Frage. Interessierten bieten verschiedene Leitfäden zur Photovoltaik auf Mehrfamilienhäusern einen ersten guten Einstieg.