Die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff: Konzepte zur Einbindung erneuerbarer Energien in Fernwärme und Quartiersversorgung

4. GA-Forum Energie in Bonn: Plädoyer für Technologieoffenheit

Angeregte Debatte: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des GA-Forums Energie in der Diskussion um die Energieversorgung der Zukunft. FOTO: AXEL VOGEL

Der Abschied von Öl und Gas scheint unausweichlich. Die Bundesregierung setzt künftig auf den vermehrten Einsatz von Wärmepumpen und den Ausbau der Fernwärme. Doch gibt es neben den erneuerbaren Energien noch weitere Energiequellen, die wir in Zukunft nutzen könnten? Dieses Thema wurde beim 4. GA-Forum Energie in den Design Offices am Hauptbahnhof leidenschaftlich diskutiert.

Carlos Pancho, Geschäftsbereichsleiter der Erdgas- und Stromgesellschaft der Knauber Unternehmensgruppe plädierte für eine „Technologieoffenheit“, um den großen Herausforderungen zu begegnen, die mit der Energiewende verbunden seien. „Ein spannender Anwendungsfall könnte dabei auch der Wasserstoff sein.“

Peter Küpper, Geschäftsführer der Josef Küpper Söhne GmbH, meinte, dass Wasserstoff kein Ersatz für Gas sein könne und somit nicht flächendeckend in die Verteilnetze gelangen werde. Das bestätigte Stephan Herpertz, Energieberater der Verbraucherzentrale Bonn: „Wasserstoff sehe ich auch nicht in den Verteilnetzen. Aber grundsätzlich denke ich schon, dass es in Quartieren, die speziell dafür gebaut worden sind, also in lokal begrenzten Räumen, zur Anwendung kommen kann.“ Herpertz spielte dabei auf das Projekt der Josef Küpper Söhne GmbH in Meckenheim an, wo das Firmengebäude unter anderem mit selbst produziertem Wasserstoff komplett autark versorgt wird.

Dazu erläuterte Peter Küpper: „Dort haben wir im Sommer einen Überschuss an Solarstrom und produzieren damit grünen Wasserstoff. Die dabei entstehende Abwärme können wir im Gebäude nutzen. Und für die Rückverstromung gilt ja dasselbe, da nutzen wir auch die Wärme.“ Bei geschlossenen Systemen könne sowas funktionieren. Aber: „Das ist ein Leuchtturm-Projekt. Der Leuchtturm leuchtet zwar hell“, so Küpper, „aber der kann nicht die ganze Republik versorgen.“

Die Geschäftsführerin der Bonner Energie Agentur (BEA), Celia Schütze, erläuterte, dass Wasserstoff viel zu kostbar sei, um damit zu heizen: „Im Gebäudebereich haben wir viele bessere Möglichkeiten, um einfache 20 Grad Raumwärme bereitzustellen. Dementsprechend sollte man den wertvollen Wasserstoff da nutzen, wo es keine oder wenig Alternativen gibt, zum Beispiel in der Stahlindustrie. „Es ist absehbar, dass Wasserstoff knapp und entsprechend teuer sein wird. Dementsprechend birgt die Wette auf den Wasserstoff ein hohes finanzielles Risiko.“ Herpertz bestätigte: „Damit bin ich vollkommen einverstanden.“ Aber ist Wasserstoff – wie einzelne Leuchtturmprojekte nicht nur hier in der Region zeigen – für einzelne Netze zum Beispiel in Gebäudekomplexen oder einzelnen Gebäuden mit sehr gutem Dämmstandard eine probate Option, die eine ganzjährige Energieautarkie ermöglichen kann. Aber keine Option für die großen Verteilnetze. Auch für die Fernwärme sollten Konzepte entwickelt werden, um dort erneuerbare Energien einzukoppeln. Man sollte hier auch die Solarthermie mit berücksichtigen oder über Konzepte zur Versorgung von Quartieren mit kalter Nahwärme nachdenken. Aber letztendlich gilt: Die Wärmeversorgung muss für Verbraucher bezahlbar bleiben.

Carlos Pancho verdeutlichte, dass Knauber in vielen verschiedenen Technologiebereichen nach Lösungen für Kunden und Kundinnen Ausschau halte. „Wir bieten aktuell ein breites Strom- und Wärmeportfolio an und sind bestrebt, nach und nach den Fokus immer mehr auf die regenerativen Energien zu richten.“ So biete Knaubers Contracting-Tochter bereits heute Quartierslösungen an, die das im Kleinen schon umsetzen. Nicht zuletzt plane das Unternehmen, das eigene Firmengebäude auf den neusten energetischen Standard zu bringen.

VON SASCHA STIENEN