Aneurysma der Bauchschlagader - ein Ultraschall kann Leben retten.

Eine tickende Zeitbombe

Die Ultraschalluntersuchung bringt schnell Klarheit. FOTO: LINDEN

Ein heimtückisches Leiden, das besonders Männer über 65 Jahre bedroht (Frauen sind zehn Mal seltener betroffen): Das Bauchaortenaneurysma, eine Aussackung an der Hauptschlagader, macht sich in der Regel nicht bemerkbar. Oft wird das Problem nur durch Zufall entdeckt: Bauchaorta, deren Durchmesser normal 1,5 bis 2,5 Zentimeter beträgt, ist erweitert. „Bei einem Aneurysma ab fünf Zentimetern muss operiert werden", erläutert Dr. Jürgen Remig, Chefarzt der Gefäßchirurgie am Gemeinschaftskrankenhaus Bonn, denn es besteht die Gefahr, dass das Gefäß aufplatzt. Und das überleben nur zehn Prozent der Betroffenen." So gilt ein solches Aneurysma als tickende Zeitbombe,

Etwa vier bis acht Prozent der Deutschen über 65 Jahren erkranken an einem Aneurysma der Bauchschlagader. Es kann sich bilden, wenn die arterielle Gefäßwand durch Krankheiten oder Verletzungen geschwächt ist. Solche Wandschäden entstehen sehr häufig als Folge der Arteriosklerose, umgangssprachlich auch als Arterienverkalkung bezeichnet. Wer bereits eine Gefäßverkalkung an den Herzkranzgefäßen oder an den Beinarterien hat, ist auch für ein Bauchaortenaneurysma besonders gefährdet. Weitere Risikofaktoren sind höheres Alter, männliches Geschlecht, Rauchen, Bluthochdruck sowie eine familiäre Veranlagung: Je häufiger ein Bauchaortenaneurysma in der engeren Verwandtschaft vorkommt, umso eher kann man auch selbst davon betroffen sein. An der Stelle des Aneurysmas ist die Gefäßwand schwächer. Wenn es zu groß wird, kann die Arterie reißen, und es können schwere innere Blutungen auftreten.

Aber so weit muss es nicht kommen. Ein Ultraschall der Bauchaorta als Früherkennungsuntersuchung bietet die Chance, ein Aneurysma frühzeitig zu erkennen und dann entsprechend zu behandeln. Alle Männer ab 65 Jahren haben deshalb Anspruch auf eine schmerzfreie Ultraschalluntersuchung der Bauchaorta. Diese kann durch Hausärzte, Internisten und Urologen mit entsprechender Qualifikation für Ultraschalldiagnostik durchgeführt werden.

So läuft die Untersuchung ab: Der Arzt tastet zunächst den Bauchraum ab und untersucht diesen bzw. die Blutgefäße des Bauchraumes mittels Ultraschalls. Dabei wird der Durchmesser der Aorta an ihrer dicksten Stelle ermittelt. Zeigt sich dabei keine Auffälligkeit, kann ein Risiko für ein Aneurysma der Bauchschlagader weitgehend ausgeschlossen werden.

Wann muss operiert werden?

Je größer ein Aneurysma wird, desto mehr Druck lastet auf der betroffenen Gefäßwand. Zeigt sich, dass die Aorta einen Durchmesser von drei bis vier Zentimetern hat, sollte die Ultraschalluntersuchung nach einem Jahr wiederholt werden, bei vier bis 5,5 Zentimetern sind halbjährliche Kontrollen angezeigt. Ab einem Durchmesser von 5,5 Zentimetern muss operiert werden, bei sackförmigen Erweiterungen bereits ab fünf Zentimetern. Auch eine Größenzunahme von über zehn Millimetern pro Jahr kann zu einer Operationsempfehlung führen.

Denn bei einem Bauchaortennaneurysma mit einem Durchmesser von vier bis fünf Zentimetern beträgt das Risiko, dass es reißt, etwa ein Prozent pro Jahr. Ab einer Größe von fünf Zentimetern erhöht sich das Risiko auf mehr als zehn bis 20 Prozent pro Jahr.

Seltener, aber gefährlicher

Nur schätzungsweise 0,5 Prozent aller Frauen im Alter von 65 bis 75 Jahren entwickeln ein Bauchaortenaneurysma. Aber: Bei Frauen ist die Struktur der Schlagader-Wand anders beschaffen als bei Männern. Das führt dazu, dass diese Aussackung schneller reißen kann und die Frauen eine Notoperation auch seltener überleben. Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin rät deshalb auch besonders gefährdeten Frauen ab 65 - die Raucherinnen oder Ex-Raucherinnen sind, Blutdruck oder Gefäßerkrankungen haben oder bei denen es Familienangehörige ersten Grades mit Gefäßaneurysmen gibt -, ihre Bauchschlagader einmalig mit Ultraschall untersuchen zu lassen. Bei Risikopatientinnen übernehmen die Kassen die Kosten. Ansprechpartner ist der Hausarzt bzw. die Hausärztin. Bei Frauen muss bereits bei einem Aneurysma von 4,5 bis fünf Zentimetern Durchmesser operiert werden.

Die Operation

Bei der offenen Operationsmethode wird der Bauchraum eröffnet, der Blutstrom in der Aorta unterbrochen und der vom Aneurysma betroffene Teil des Gefäßes durch eine Prothese aus Polyester ersetzt, die bei der Operation passgenau zugeschnitten und fest in die gesunde Gefäßwand eingenäht wird. Weniger belastend und daher heute bevorzugt ist die minimal-invasive OP-Variante über einen Katheter (EVAR-Verfahren): Über einen Zugang durch die Leistenarterie wird über einen Führungsdraht eine aus mehreren Teilen bestehende Aortenstentprothese in das Aneurysma eingeführt und unter Röntgenkontrolle platziert. Dort entfaltet sie sich und fixiert sich mit Häkchen in der Aortenwand, so dass das Blut nur noch durch das Implantat fließt und das Aneurysma ausgeschaltet ist. Dr. Remig: ,,Dieses Verfahren ist risikoärmer, da der der Blutstrom nicht unterbrochen wird, und es verkürzt die stationäre Behandlungszeit deutlich."

Von Brigitte Linden