Gesunder Egoismus

Die Arbeit in der Pflege ist häufig mit Stress verbunden. Mitarbeitende können sich mit Hilfe einiger Achtsamkeitstechniken davor schützen, durch die hohe Arbeitsbelastung krank zu werden. FOTO: MARKUS SCHOLZ/DPA-TMN

Mitarbeitende in Pflegeberufen sind überdurchschnittlich häufig krank, weil die Arbeitsbelastung extrem hoch ist. Welche Techniken und Methoden Experten empfehlen, um den Stress abzubauen

Das wissenschaftliche Institut der Krankenkasse AOK ermittelte in einer Studie, dass psychische Erkrankungen und Burnouts in der Pflege seit Jahren zunehmen. Allein für die Pandemiejahre 2020 auf 2021 verzeichneten die Experten einen Anstieg um mehr als 17 Prozent. Rolf Buchwitz, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK Rheinland/Hamburg, forderte anlässlich dieser Ergebnisse: „Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen nachhaltig verbessert werden."

,,Die Arbeitsbedingungen in der Pflege müssen nachhaltig verbessert werden"
Rolf Buchwitz
AOK Rheinland/Hamburg

Die AOK entwickelte daher ein spezielles Angebot zur Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) in der Pflegebranche. Ziel ist es, individuelle Lösungen für gesunde Arbeitsgestaltung zu finden. Die Gesundheitskasse unterstützt damit ambulante Dienste oder Krankenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen. ,,Sowohl hohe Fehlzeiten als auch Präsentismus bergen viele Risiken, gerade wenn es um die pflegerische Versorgung geht“, so die AOK. Wer krank zur Arbeit geht, kann sich nicht ausreichend erholen - mit der Folge, später wieder auszufallen. Wenn Mitarbeitende permanent gefordert sind-ohne sich auszuruhen -, folgt unweigerlich die Erschöpfung. Die Stressresilienz verringert sich. Das Risiko für psychische Erkrankungen steigt. Innere Unruhe, Probleme beim Ein- und Durchschlafen, ein schwaches Nervenkostüm, Vergesslichkeit und Konzentrationsschwierigkeiten bis hin zu Verspannungen oder erhöhtem Puls, Magen-Darm-Beschwer-den oder Rückenschmerzen: Die Palette möglicher Folgen ist lang. Kommen dann noch Züge einer Depression wie Verlust an Empathie, Distanzierung zu anderen oder Atembeschwerden dazu, können das ernste Anzeichen eines Burnouts sein.

Doch es gibt Techniken und Möglichkeiten der Prävention. Die AOK stellt als Prophylaxe auf Ihrer Internetseite Methoden vor, um in Stresssituationen schnell herunterzufahren. Ein Beispiel: Man geht in Gedanken für einige Minuten durch einen Wald oder am Meer spazieren. Das beruhigt und kann den Blutdruck senken. Oder Yoga am Arbeitsplatz: ,,Betrachtet man die Elemente einer vollständigen Yogastunde, so setzt sie sich aus Asanas (Körperstellungen), Pranayama (Atemtechniken), Meditation und Tiefenentspannung zusammen", erklärt Daniela Wagner, Trainerin für Stressmanagement und Inhaberin des Instituts Monkey Yoga in Bonn (www.mindfulmonkeyyoga.de ).

Diese Teilbereiche lassen sich im Arbeitsalltag in den Pausen anwenden, unkompliziert und ohne Matte. ,,Eine einfache und weitverbreitete Form ist dazu die kombinierte Mantra-Meditation", erklärt Wagner. Ein- und Ausatmen lassen sich hier mit einer Silbe, einem Wort oder einem Mantra verbinden. ,,Nur ist es wichtig, seine Aufmerksamkeit immer wieder auf sich selbst zurückzuholen", so die Stressmanagement-Trainerin.

Auch für Entspannungsübungen wie Rück- oder Seitbeugen, Drehen des Kopfes oder Kreisen des Schulter-Nackenbereichs bedarf es keiner besonderen Vorbereitungen. „Einmal kurz tief atmen, Kopf mehrere Sekunden zur linken und zur rechten Seite legen und anschließend die Schultern kreisen, hat schon einen entspannenden Effekt. Jede einzelne Übung benötigt nur wenige Minuten, in der Summe aber baut sich schon enorm Stress ab", sagt die Achtsamkeitstrainerin. Am Ende sollte jeder jene Technik wählen, die für ihn passt und die ihm Spaß bringt. ,,Sonst hat man keine Lust und macht es nicht", erläutert Wagner. Also egal, ob progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Qi-Gong - Hauptsache man tut es.

VON EVA NEUTHINGER