Karrierecoach und Trainerin - Melanie Schumacher hilft bei der beruflichen Neuorientierung in der Lebensmitte

Melanie Schumacher: Die Generation „Ü 40“ hat viel zu bieten

Melanie Schumacher ist Karriereberaterin in Bonn. FOTO: BENEDIKT FRINGS-NESS

Wie überall im Leben geht's auch im Beruf nicht immer nur geradeaus. Manchmal liegen Stolpersteine im Weg, mal gelangt man nur über einen Umweg weiter. Für eine neue berufliche Perspektive ist es nie zu spät. Melanie Schumacher unterstützt als Karrierecoach und Trainerin diejenigen, die mit ,,Ü 40" beruflich etwas Neues wagen wollen. Mit ihr sprach Gabriele Immenkeppel.

Frau Schumacher, mit Mitte 40 hat man längst bewiesen, dass man sein Handwerk beherrscht. Wieso brauchen Mitarbeiter mittleren Alters dennoch Ihre Hilfe, wenn sie einen Neuanfang planen?

Melanie Schumacher: Mit Mitte 40 haben viele Berufstätige einiges in ihrem Leben erreicht und doch stellt sich manchmal eine Unzufriedenheit ein. Einige merken, dass das, was früher spannend war, jetzt nicht mehr interessant ist, oder dass sie keine Energie mehr haben, um sich den Herausforderungen zu stellen. Das führt häufig zu Verunsicherung und Wunsch dem nach Veränderung. Ein anderer Punkt ist, dass sie sich länger nicht auf dem Arbeitsmarkt umgesehen haben. Hier hat sich jedoch Vieles gewandelt: Es gibt andere Karrierewege, andere berufliche Möglichkeiten, und auch die Spielregeln beim Bewerben sind nicht mehr so wie beim letzten Jobwechsel. In diesen Situationen wünschen sie sich eine neutrale Person, mit der sie diese Themen besprechen können, die einerseits über Expertise in der Begleitung von beruflichen Veränderungsprozessen verfügt und andererseits Arbeitsmarktkenntnisse hat.

Kommt der Wunsch nach beruflicher Veränderung aus einer Sinn- und Lebenskrise heraus?

Schumacher: Es gibt unterschiedliche Gründe. Manchmal ist der Anlass unfreiwillig, nämlich eine Kündigung (z.B. aus betrieblichen Gründen). Manchmal brechen ganze Berufsbilder oder Branchen weg, wie wir es derzeit beispielsweise in der Automobilbranche sehen, in der die Umstellung auf E-Mobilität zahlreiche Berufswege beendet. Dann gibt es tatsächlich auch die „Sinn- und Lebenskrise" in der Lebensmitte, die Menschen dazu bewegt, sich beruflich neu zu orientieren.

,,Es gibt andere Karrierewege, andere berufliche Möglichkeiten, und auch die Spielregeln beim Bewerben sind nicht mehr so wie beim letzten Jobwechsel"

Was hat die Generation 40+, was Berufsanfänger nicht haben?

Schumacher: Sie tatsächlich hat viele Vorzüge, die jüngere Berufstätige (noch) nicht vorweisen können. Das ist übrigens auch wissenschaftlich belegt. Dazu zählen zum Beispiel verbale Fähigkeiten, Erfahrungswissen wie Branchen oder Spezialkenntnisse oder auch die Fähigkeit, Dinge strategisch anzugehen. Außerdem verfügen sie über Konfliktfähigkeit, Disziplin und Durchhaltevermögen sowie eine hohe Loyalität.

Wer kommt zu Ihnen?

Schumacher: Tatsächlich sind Menschen in einer beruflichen Krise in der Mehrzahl. Sie waren meist schon einige Zeit unzufrieden in ihrem Beruf. Gleichzeitig sind sie in der Regel realistisch, das heißt sie sehen, dass es Rahmenbedingungen in ihrem Leben gibt, die einem kompletten Umkrempeln des eigenen Lebens im Weg stehen können.

Wie sieht Ihre Beratung konkret aus?

Schumacher: Jedem Coachingprozess geht die Klärung des konkreten Auftrags voraus. Wenn sich daraus ergibt, dass es sich um eine berufliche Neuorientierung handelt, dann geht es darum, die Fragen,,was kann ich" und, was will ich" mit speziellem Fokus auf den Bedürfnissen von Menschen in der Lebensmitte zu adressieren. Im Einzelnen heißt das, sich mit der eigenen Biografie und dem Leben, das man leben möchte zu beschäftigen. Weiterhin gilt es eigene Stärken und Potenziale zu identifizieren, sich seiner Werte bewusst zu werden, wesentliche Rahmenbedingungen festzulegen und auch zu überlegen, an welchen Stellen ich zu Kompromissen bereit bin. Wir entwickeln Job-Optionen sowie Realitäts-Checks und eruieren mögliche Stolpersteine und Strategien, diese zu bewältigen.

Wie erkenne ich meine Stärken?

Schumacher: Dafür gibt es ganz unterschiedliche Methoden. Idealerweise kombiniert man die Eigenwahrnehmung mit dem Feedback von außen. Ich arbeite gerne mit sogenannten Erfolgsgeschichten. Hier notieren die Klienten Situationen, in denen sie aus ihrer Sicht etwas erfolgreich geleistet haben. Diese analysieren wir hinsichtlich der dabei eingesetzten Fähigkeiten. Wenn sie mehrere solcher Situationen untersuchen, stellen sie fest, dass sie ganz individuelle Stärken haben, die sie häufig einsetzen. Mit dieser Technik können sie nicht nur ihre Stärken ermitteln, ganz nebenbei hat dies auch positive Auswirkungen auf ihren Selbstwert.

Und wie kehre ich meine Schwächen in Stärken um?

Schumacher: Ich glaube, eine echte Schwäche kann nie zu einer echten Stärke werden. Ich würde eher von Verbesserung oder Entwicklung sprechen. Wie kann ich mich verändern? Mein Tipp hier: Es sollte eine Veränderung sein, die sie wirklich wollen und die für sie attraktiv ist. Es gibt wunderbare Methoden, mit denen man diese Veränderungen wirksam begleiten kann.

Verkaufen sich Frauen öfter ,,unter Wert"? Ticken Männer anders?

Schumacher: Leider muss ich häufig feststellen, dass dies gerade für die Generation der Babyboomer und der Generation X zutreffend ist. Frauen sind hier häufig kritischer der eigenen Leistung gegenüber und scheuen sich davor, eigene Verdienste sichtbar zu machen und offensiv für sich zu werben. Männer gehen nach meiner Beobachtung mit einem anderen Selbstverständnis heran. Sie stellen den Wert der eigenen Arbeitsleistung seltener in Frage und tun sich weniger schwer, für sich zu werben.

Sie arbeiten sowohl für Unternehmen als auch für Privatpersonen. Wen müssen Sie häufiger überzeugen, dass Mitarbeiter mit Berufserfahrung und einem gewissen Alter eine Bereicherung für das ganze Team sind?

Schumacher: Ich habe das Gefühl, dass gerade große Unternehmen sehr wenig Interesse an älteren Mitarbeitenden haben und deren Wert gerade für altersgemischte Teams weniger sehen. Anders sieht das bei mittelständischen Unternehmen aus, die mittlerweile die Mischung aus erfahrenen Älteren und Jungen zu schätzen wissen.

,,Ich habe das Gefühl, dass gerade große Unternehmen sehr wenig Interesse an älteren Mitarbeitenden haben und deren Wert gerade für altersgemischte Teams weniger sehen"

Sind Sie eigentlich mit ihrer derzeitigen Tätigkeit zufrieden?

Schumacher: Ich war vor über 15 Jahren in einer sehr ähnlichen Situation wie viele meiner Klienten heute. Damals habe ich mich im Rahmen einer beruflichen Neuorientierung intensiv mit meinen Fähigkeiten, Werten und Wünschen befasst. Das Ergebnis war meine Selbständigkeit als Karriereberaterin. Dieser Beruf begeistert mich immer wieder aufs Neue.

ZUR PERSON

Melanie Schumacher, Jahrgang 1966, ist seit 2009 Karriereberaterin mit eigener Beratung in Bonn. Sie berät Unternehmen, Fach- und Führungskräfte rund um Fragen der beruflichen Entwicklung. Sie ist Expertin für berufliche Neuorientierung in der Lebensmitte und hält zu diesem Thema auch Vorträge und Workshops. Außerdem engagiert sie sich im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Karriereberatung (DGfK). img