Auf der Internetseite wiwi-treff, ein Forum für die Karriere, erzählt ein „Gast“ von seiner „verfahrenen Lage“. Vor wenigen Monaten wechselte er seinen Arbeitgeber, weil sich das Angebot so „toll“ anhörte. Beim neuen Unternehmen angekommen, zeigte sich wohl das Gegenteil: Langweilige Tätigkeit, Überstunden, keine gute Work-Life-Balance. Jetzt ist der „Gast“ verzweifelt, weil er eigentlich lieber wieder bei seiner bisherigen Firma arbeiten würde. Rund drei Jahre war er dort engagiert. Beim Abschied meinten seine Vorgesetzten, er solle sich melden, falls er irgendwann einmal wieder zurück in ihr Unternehmen wechseln wolle. Jetzt fragt sich der Ex-Mitarbeitende, ob er das machen sollte.
Die Geschichte ist kein Einzelfall. Nach einer US-amerikanischen Studie wird jeder zehnte Jobwechsler zum so genannten Boomerang Employee – also zum Bumerang-Mitarbeitenden. In Zeiten des Personal- und Fachkräftemangels ist die Tendenz steigend. Eine große Mehrheit der Personalverantwortlichen zeigt sich offen für das Rehiring. Das hat gute Gründe:
1. Die Arbeitnehmenden kennen die Stärken der ehemaligen Firma genauso wie ihre Schwächen – und umgekehrt wissen die Führungskräfte, wie der Kollege tickt. In der Regel brauchen die Bumerang-Mitarbeitenden daher deutlich weniger Zeit, um sich beim Neustart einzuarbeiten. Sie brauchen kein Onboarding mehr, das über die Aktualisierung der Inhalte hinausgeht.
2. Außerdem kennen die Rückkehrer das Team. Sie profitieren von ihren bisherigen Kontakten und müssen sich ihr Netzwerk nicht erst aufbauen. Sie wissen, wen sie bei welchen Problemen am besten ansprechen sollten.
3. Vor allem aber: Die Bumerang-Mitarbeitenden erweiterten in der Zwischenzeit ihre Erfahrungen und ihre Kompetenzen. Sie haben dazugelernt und bringen ihr extern erworbenes Know-how mit. Ein Grund, warum viele der Ehemaligen nach ihrer Rückkehr in der Karriereleiter einen oder sogar zwei Schritte höher wieder einstiegen.
Insofern macht es für Firmen durchaus Sinn, mit den Ehemaligen in Kontakt zu bleiben – um einem potenziellen Wiedereinstieg den Weg zu ebnen. Sabine Cox, Director Human Resources der CONET Gruppe, bestätigt das: „Früher kam es einer Gotteslästerung gleich, wenn sich jemand traute, das Unternehmen zu verlassen. Inzwischen lautet das Mantra: Man sieht sich im Leben immer zwei Mal.“ Die Personalverantwortlichen wissen, dass die Lebensläufe der Mitarbeitenden heute diskontinuierlich verlaufen. „Wenn wir hoch qualifizierte Kräfte wieder zurückgewinnen, haben wir zwei Dinge geschafft: Zum einen besetzen wir eine Stelle. Zum anderen aber profitieren wir vom erweiterten Horizont der Mitarbeitenden“, so Sabine Cox.
Deshalb legt die Personalleiterin großen Wert darauf, ausscheidende Beschäftigte bewusst weiter an die Unternehmensgruppe zu binden. Zum Beispiel gibt es bei CONET ein Alumni-Netzwerk. „Vor der Pandemie organisierten wir regelmäßige Treffen in einem Kölner Brauhaus. Während der Corona-Monate mussten sie ausfallen. Wir wurden häufig gefragt, wann die Events wieder stattfinden. Das hat uns gezeigt, wie gut diese Veranstaltungen bei den Teilnehmenden ankommen und wie groß weiterhin das Interesse an uns ist“, so Cox. Sie nennt ein weiteres Beispiel: „Wir ziehen Anfang kommenden Jahres von Hennef nach Bonn. Einige unserer Ehemaligen wollen uns besuchen und sich die neuen Räumlichkeiten ansehen.“ Cox freut sich über das positive Feedback: „Wenn unsere früheren Mitarbeitenden uns nicht vergessen, halten wir uns eine Tür offen, um sie zurückzugewinnen.“ Voraussetzung ist aus ihrer Sicht aber immer, den Mitarbeitenden schon während der Zusammenarbeit Wertschätzung entgegenzubringen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. „Man kann Liebe nicht kaufen“, kommentiert Cox.
Karriere- und Business-Coach
Genau das ist der Knackpunkt. Denn aus irgendeinem Anlass haben sich die betreffenden Arbeitnehmer für den Jobwechsel entschieden. Nach einer Forsa-Studie im Auftrag des Netzwerks Xing motiviert 42 Prozent der Arbeitnehmer ein höheres Gehalt, den neuen Job anzunehmen. Aber immerhin 38 Prozent entscheiden sich dafür, weil sie mit der Geschäftsführung unzufrieden sind. Rund jeder Dritte mag mit seinem Chef oder seiner Chefin nicht zusammenarbeiten.
Personalberater raten daher beiden Seiten, den Grund für das Ausscheiden vor dem Wiedereinstieg zu klären. „Es kann zum Beispiel auch am Arbeitsklima in der Firma gelegen haben oder der Mitarbeitende vermisste Aufstiegschancen. Vielen Jobwechslern fehlt die Sinnhaftigkeit im Job, weshalb ihnen die Arbeit keinen Spaß mehr macht“, sagt Dr. Bernd Slaghuis, Karriere- und Business-Coach in Köln. Egal, was es war: „Es sollte sich etwas verändert haben, sonst macht der Wiedereinstieg eigentlich keinen Sinn“, so Slaghuis. Daher rät er Bewerbern, sich vorab zu informieren und genau nachzufragen, wie die neue Stelle aussehen soll. Denn das Frustpotenzial scheint groß: Nach einer US-Studie kündigen recht viele Rückkehrer ein zweites Mal. Sie sind schneller frustriert als ihre Kollegen und engagieren sich weniger.
Valentin Lehnert (Swiss Life Select) meint, dass eine Firma auch eine gewisse Fluktuation akzeptieren sollte: „Wenn junge Menschen gehen wollen, sollte der Arbeitgeber dafür Verständnis haben. Es ist nicht mehr so, dass Menschen 40 oder 50 Jahre bei einem Unternehmen bleiben.“ Wichtig sei, den Abschied in freundschaftlicher Weise zu gestalten. „Alle unsere ehemaligen Mitarbeiter sind immer noch unsere Kunden und bleiben unserer Firma auf diese Weise verbunden“, berichtet Lehnert. Und auch für Rückkehrer sei er offen: „Wir haben erst vor zwei Monaten einen Kollegen wiedereingestellt, der zu einer Versicherung gewechselt war und es nicht weiter mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, seinen Kunden dort nur die Produkte eines Anbieters empfehlen zu können.“ In dieser Hinsicht habe der Kollege als unabhängiger Finanzberater nun wieder einen größeren Spielraum.
Was sich Personalverantwortliche wünschen
Bezahlbarer Wohnraum und bessere Bedingungen für die Integration ausländischer Fachkräfte
VON SASCHA STIENEN
Was wünschen sich die Personalfachleute des 1. GA-Forums Attraktive Arbeitgeber von der Politik? Die Antworten auf diese abschließende Frage fielen sehr unterschiedlich aus – und berührten dabei einige wichtige Themen, die das Leben und Arbeiten in Bonn ausmachen.
Sabine Cox (CONET) forderte, stärker für die Vorzüge der Metropolregion Rheinland zu werben, Mobilitätskonzepte zu verbessern und neuen Wohnraum zu schaffen, um Menschen nach Bonn zu locken.
Brigitte Klein (Stadtwerke Bonn) betonte: „Mehr Wohnraum – und auch bezahlbaren Wohnraum. Wir haben bei den Stadtwerken viele Angestellte, die sich bei den nach wie vor hohen Preisen in Bonn das Wohnen nicht mehr leisten können. Das können wir als Arbeitgeber nur bedingt auffangen.“
Sabine Cox wünschte sich außerdem, den Zuzug ausländischer Spezialisten mit mehr Chancen zu versehen und viel klarere Strukturen dafür zu schaffen. „Eine Diskussion darüber anzufangen, ob jemand nach fünf Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, bewegt keinen, hierher zu ziehen.“ Wichtiger sei, bessere Rahmenbedingungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu schaffen. „Wir haben einige Mitarbeitende, die nur eine befristete Aufenthaltsgenehmigung haben“, berichtete Cox. „Hier braucht es mehr personelle Ressourcen in den zuständigen Behörden, um die Integration von Menschen aus anderen Ländern zu erleichtern.“
Stadtwerke Bonn
Das bekräftigte René Königshausen (PSD Bank West eG): „Die deutsche Gesellschaft ist überaltert.“ Bis 2030 schrumpfe die Bevölkerungszahl auf 78 Millionen, bis 2040 um weitere zehn Millionen. „Wir sind also darauf angewiesen, Zuwanderer aufzunehmen.“ Aufgabe der Politik sei es zudem, die Rente auch für die nachfolgenden Generationen zu sichern und sicherzustellen, dass auch in Zukunft noch ausreichend erwerbsfähige Menschen in Deutschland leben.
Königshausen ermunterte die Bundesregierung, weitere Steueranreize für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu schaffen wie zuletzt die Inflationsausgleichsprämie oder das Jobrad-Modell. Außerdem wünscht sich der Bankvorstand einfache Regelungen, die es Arbeitgebern erlauben, sichere Home-Office-Modelle zu etablieren.
Valentin Lehnert (Swiss Life Select) wünscht sich, dass die suchenden Firmen und die suchenden Fachkräfte besser vernetzt werden und dazu auch neue Formate genutzt werden, die außerhalb des Regel-Vermittlungsangebotes der Arbeitsagentur liegt. „Wir als Arbeitgeber müssen momentan sehr stark aktiv werden, um neue Mitarbeiter zu rekrutieren“, sagte Lehnert. „Diese Ressourcen könnte man natürlich viel besser in den Ausbau unserer Beratungsdienstleistungen stecken.“