Stereo-Typen

Wenn drei Generationen aufeinander treffen, können sie eine Menge voneinander lernen - in der Familie wie im Unternehmen. FOTO: GETTY IMAGES/VASYL DOLMATOV

Gibt es sie wirklich, die Unterschiede der Generationen? Was dahinter steckt und was das fürs Arbeitsleben bedeutet. VON JÖRG WILD

VON JÖRG WILD

Sie sind angeblich faul, stellen zu hohe Ansprüche und wissen alles besser, ohne wirklich in der Materie bewandert zu sein - nein, wir reden nicht von der Jugend" allgemein, über die schon die alten Griechen lästerten. Es geht um die jungen Menschen der Generation Z. Denn etliche Generationen-Studien belegen, dass die Ansprüche der jungen Menschen heute wirklich ziemlich hoch sind. Und, was soll man sagen: Die Vertreter genau dieser Altersklasse bestreiten das noch nicht einmal. Im Gegenteil. Sie stehen selbstbewusst vor denen, die so gerne ,,Respektspersonen" wären und sagen Sätze wie diesen: ,,Die Generation Z ist nicht faul. Sie weiß nur, was sie will. Und wir können es uns leisten, Ansprüche zu stellen und andere Prioritäten zu setzen." So schreibt das Paula Kühn in einem Kommentar im Jugendmagazin jetzt.de der Süddeutschen Zeitung. Es folgt allerdings noch der zweite Teil der Aussage, und mit dem sind wir dann auch schon mitten im Generationen-Dilemma: ,,Trotzdem sind wir nicht zu beneiden. Denn die Herausforderungen der Zukunft werden uns früh genug einholen. Und dann werden wir froh sein, schon in jungen Jahren wirklich gelebt zu haben."

Und, wohin gehören Sie?

Bevor wir uns allerdings mit den aktuell im Arbeitsleben stehenden Generationen beschäftigen, schauen wir mal genauer, worum es hier eigentlich geht. Wer damit begonnen hat, einzelnen Generationen einen Namen zu geben, ist umstritten. Aber inzwischen haben sich ein paar Titel herausgebildet, die quer durch die Forschung benutzt werden.

Es beginnt mit den „Traditionalisten", die zwischen 1922 und 1945 geboren wurden. Sie haben Entbehrung, Krieg und Wiederaufbau erlebt, ihnen werden der Hang zu klaren Verhaltensregeln, Respekt vor Autorität und Fleiß nachgesagt. Ihnen folgen die ,,Baby Boomer". Die Nachkriegsgeneration umfasst die Jahrgänge 1946 bis 1964. Der Name stammt aus der amerikanischen Sozialforschung und beschreibt die explosionsartige Zunahme der Geburten nach dem Krieg. Wirtschaftswunder, Kalter Krieg, die angeblich so aufrührerischen 68er, aber auch die Friedensbewegung haben sie geprägt. Sie stehen für hohe Karriereziele, Anpassungsfähigkeit, Tatkraft und Freiheitsdrang.

Die Bezeichnung „Generation X" stammt vom kanadischen Autor Douglas Coupland, der 1991 mit seinem Kultbuch ,,Generation X-tales for an accelerated culture" für Aufsehen sorgte. Die Menschen der Geburtenjahre 1965 bis 1979 haben Wohlstand, Computer, Tschernobyl, Babypille und eine hohe Scheidungsrate in ihrem Portfolio. Ihre Lebenseinstellung ändert sich: Jetzt stehen Individualismus, Sinnsuche, Null-Bock-Stimmung und Work-Life-Balance im Vordergrund. Wenig fantasievoll setzt sich jetzt das Alphabet fort. Zur ,,Generation Y" (auch ,,Millienials" genannt) aus den Jahrgängen 1980 bis 2000 gehören Wohlstand, E-Mail, Handy sowie der Satz ,,Mach, was dich glücklich macht". Laut Lehrbuch sind sie Freiheit liebend, egoistisch, suchen zu allererst Selbstverwirklichung, und sie leben für den Moment.

Bliebe noch die „Generation Z" der nach 2000 geborenen. Nach den Generationenstudien zeichnet sie aus: Angst vor Wohlstandsverlust, Smartphones, Social Media, Eltern als beste Freunde, das Aufwachsen in Dauerkrisen von Wirtschaft, Politik, Klimawandel und nun auch noch Krieg. Der Zusammenhalt in der Familie ist enorm wichtig, gleichzeitig aber auch Vertrauen durch Bewertungen und Likes.

Eingeborene und Immigranten

Wir lassen an dieser Stelle Abschweifungen in die „Generation Golf" oder gar die ,,Null-Bock-Generation" links liegen. Aber wir sehen uns die Digital Natives" genauer an. Die ,,Digitalen Eingeborenen", die nach 1980 das Licht der Welt erblickten, sind im digitalen Zeitalter aufgewachsen und gehen mit Laptops und vor allem mit Smartphones anders um als die Baby Boomer. Ihre Eltern nennt man übrigens ,,Digital Immigrants" - sie sind in die Digitalisierung eingewandert, tun sich mit den Fachausdrücken schwer und müssen immer wieder neu lernen, was die Natives wie selbstverständlich nutzen.

Die unglaublich rasanten Entwicklungen zeigen ein Dilemma, das aber auch eine Chance sein kann. Einerseits kann ein junger Mensch, der sich heute um eine Lehrstelle bewirbt, vielleicht gar nicht mehr einen Lebenslauf auf einem PC schreiben. Aber er kann vielleicht einen kompletten Radiobeitrag mit dem Handy aufnehmen, bearbeiten, schneiden, senden und dann auch noch die wichtigsten Erkenntnisse darauf über mehrere Social-Media-Kanäle verbreiten. Eine Zeitung wie diese ist ihm eventuell ein fremdes Medium - denn er bezieht seine Informationen aus ganz anderen Kanälen.

Unterschiedliche Welten in einer Firma

Wir sehen: Da stoßen Welten auf einander. Kann das also im Berufsleben gut gehen? Da sind die jungen Mitarbeiter, die lieber kurz chatten, während ihre älteren Kollegen lieber zum Telefonhörer greifen. Die einen schätzen die Work-Life-Balance höher als die Präsenz am Arbeitsplatz. Während die einen sich an Aufstiegsmöglichkeiten orientieren, schätzen die anderen flache Hierarchien und einen lockeren Umgangston. Für die älteren sind Statussymbole und Dienstwagen wichtig, die jüngeren wollen lieber so frei wie möglich sein, denn Luxus ist eh vergänglich und schlecht fürs Klima.

Auf der Website personalwissen.de heißt es: „Früher haben sich in der Arbeitswelt nachfolgende Generationen den bereits etablierten Generationen häufig angepasst. Da die Generation Y oder Z aber nun im Schnitt sogar besser ausgebildet ist als die Generation X oder die Baby Boomer, wird von dieser Anpassung vermehrt Abstand genommen. Vielmehr etablieren die neuen Generationen ihre Verhaltensweisen am Arbeitsplatz und zwingen so die älteren Generationen zum Umdenken."

Dieser ,,Zwang" zum Umdenken birgt Hürden. Das Hierarchien-Denken verliert an Bedeutung. Jüngere Kollegen überspringen gerne mal ein paar Ebenen und wenden sich direkt an höhere Vorgesetzte. Das ist gewöhnungsbedürftig, so personalwissen.de weiter: „Führungskräfte tun gerade im Umgang mit der Generation Z gut daran, wenn sie ihnen zuhören, anstatt selber viel zu reden. Sie können von den jungen Menschen lernen und sollten aufmerksam sein, wenn sie den Anschluss an diese Generation nicht verpassen wollen."

Apropos Führungspersonen und Wissen um deren Mitarbeiter: Nach einer Studie von Kienbaum Communications findet die Generation X der heute zwischen 35und 51-Jährigen es am wichtigsten, eigene Ideen im Job einbringen zu können, abwechslungsreichen Aufgaben nachzugehen und Entscheidungsbefugnisse zu haben. Die Arbeitgeber hingegen gehen davon aus, dass den Vertretern dieser Generation ein sicherer Arbeitsplatz und Wertschätzung ihrer Arbeit am wichtigsten sind. Wir sehen auch an diesem Beispiel: Zuhören ist eine der Schlüsselkompetenzen bei der Personalführung in Mehr-Generationen-Teams.

Natürlich birgt der Generationen-Mix auch viele Chancen. Allen voran ist hier der Erfahrungsaustausch zu nennen. Methodisches Arbeiten trifft auf neue Techniken, Zuverlässigkeit auf Innovation, Zähigkeit auf eine nötige Portion Lässigkeit. Zauberwort bei alledem ist „Kommunikation". Nur Betriebe, die den Austausch der Generationen fördern, werden auch den Nutzen daraus ziehen. Gemischte Teams haben sich dabei als eine gute Lösung bewährt, Mentoringprogramme und notfalls auch mal eine Mediation können bei Konflikten helfen. Damit steigern sich Produktivität und Innovation, Leistungsfähigkeit und übrigens auch die Außendarstellung.

Wie schon seit Jahrtausenden gilt: Je mehr sich Menschen auf Augenhöhe begegnen, desto besser klappen das Zusammenleben und damit auch die Zusammenarbeit. Offenheit und die Bereitschaft, auch mal von der anderen Generation zu lernen, sind wichtige Bestandteile einer Generationen übergreifenden Kooperation.