Eine Frage des Vertrauens

Sind alle Fragen geklärt, ist eine geordnete Übergabe des Unternehmens wichtig. FOTO: WWW.NEXXT.ORG/DPA/GMS

Immer mehr Unternehmer wollen oder müssen ihr Lebenswerk bei ihrer Nachfolge in externe Hände geben. Die Suche nach einem geeigneten Übernehmer ist gerade in Krisenzeiten besonders schwierig. Wie Firmenchefs einen Interessenten akquirieren und für Betrieb wie Mitarbeiter eine gute Lösung realisieren. VON EVA NEUTHINGER

Das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) beobachtet, dass mehr und mehr Firmen extern übernommen werden. Die Tendenz zur Staffelübergabe an eine Führungskraft oder an einen fremden Investor verfolgen die Experten bereits seit geraumer Zeit. Eine Situation, die besondere Anforderungen an die Vorbereitung der Staffelübergabe stellt.

Hinzu kommt: ,,Strukturelle und aktuelle Entwicklungen wirken derzeit ungut zusammen und bewirken, dass der betriebliche Generationswechsel branchenübergreifend zur Herausforderung wird", stellt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag in Berlin (DIHK) in seinem aktuellen Report ,,Unternehmensnachfolge“ fest.

Die Corona-Pandemie hat danach das Interesse an der Übernahme eines Unternehmens stark gedrückt. Nur noch halb so viele Übernahme-Interessenten wie vor der Pandemie erkundigten sich im Jahr 2021 bei ihrer Industrie- und Handelskammer. Unternehmer, die verkaufen wollen oder müssen, sollten also auf jeden Fall genug Zeit einplanen. Einige Firmenchefs wollen eine externe Lösung innerhalb von wenigen Monaten erledigen. Das klappt selten. Vielfach vergehen drei Jahre, bis eine Nachfolge in trockenen Tüchern ist. Das hat mehrere Gründe.

1. Die Abhängigkeit vom Firmenchef selbst

Bei der Nachfolge wird es regelmäßig zum Problem, wenn der Seniorunternehmer allein die Zügel in der Hand hält. Dann ist es wichtig, verantwortungsbewusste Mitarbeitende bei wichtigen Entscheidungen frühzeitig einzubeziehen. Sie sollten an Verhandlungen teilnehmen und auch Einblick in die Zahlen erhalten. Das erfordert sicherlich höchstes Vertrauen und die Führungskräfte können aufgrund der neuen Verantwortung mehr Gehalt fordern. Das ist aber wichtig, damit sich der Firmenchef ohne Reibungsverluste später zurück zu ziehen kann. Ein externer Nachfolger wird sich einarbeiten müssen. Auch die Kunden und die Lieferanten brauchen einen Ansprechpartner, den sie kennen.

Experten raten überdies dazu, die Geschäftsführung unabhängig von Familienangehörigen zu machen. Ein externer Nachfolge hat kein Interesse daran, dass die ehemalige Unternehmerfrau sich weiter um die Buchhaltung kümmert.

Wer die Firma kauft, will mit der Familie oft nichts zu tun haben. Die Übernehmer wollen die Geschicke selbst leiten. Allenfalls bleibt der Senior manchmal noch einige Monate im Unternehmen beratend tätig - damit seine Expertise der Firma noch einige Zeit erhalten bleibt. Falls sich die Parteien darauf einigen, dass der Käufer Schritt für Schritt Anteile erhält, bestehen zwar weiter Mitspracherechte. Die meisten Nachfolger wollen das aber nicht. Die Käufer sehen es überdies nicht so gerne, wenn Angehörige der Firma einen Kredit gegeben haben. Dieser sollte besser umgeschuldet werden.

2. Die Braut aufhübschen

Außerdem wird es wichtig sein, die Stärken und die Schwächen der Firma zu analysieren - um frühzeitig Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Gerade in Krisenzeiten wie aktuell macht es Sinn, die Braut vor dem Verkauf aufzuhübschen. Ohne Zeitdruck kann das Betriebsergebnis mit entsprechenden Maßnahmen verbessert werden. Im Zweifel sollten die Unternehmer noch Geld in die Hand nehmen und investieren - zum Beispiel in die Digitalisierung.

Der DIHK stellt fest: ,,Nachlassende Bemühungen um die Nachfolge sowie unterlassene oder aufgeschobene Modernisierungsinvestitionen führen zu sinkenden Unternehmenswerten und damit zu nachlassender Attraktivität des Betriebes für mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolge - und das in einem Umfeld, das aufgrund zunehmenden Fachkräftemangels und besonders aufgrund der Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine zudem von deutlich höherer Unsicherheit geprägt ist."

3. Nicht ohne Berater

Auch die Akquise braucht Zeit. Sie läuft häufig über einen Unternehmensberater, der sich auf Nachfolgen spezialisiert hat. Die M & A Berater, steht für Mergers & Acquisitions, verfügen in der Regel über ein entsprechendes Netzwerk, um Interessenten zu finden. Alternativ oder ergänzend können Unternehmer beispielsweise auf den einschlägigen Plattformen wie www.nexxt.de oder www.dub.de inserieren.

4. Die Mitarbeitenden ins Boot holen

Wichtig ist es, im Vorfeld Unruhe im Team zu vermeiden. Deshalb sollte der Senior aktiv auf die Mitarbeitenden zugehen und erläutern, was er vor hat. Die Arbeitnehmenden informieren die Firmenchefs besser frühzeitig-aber erst, wenn sich konkrete Verhandlungen abzeichnen-, sonst entstehen unnötig Gerüchte.

6. Unternehmenswert ermitteln

Verkäufer und Käufer sollten sich sympathisch sein - die Chemie muss stimmen. Das wird spätestens bei den Preisverhandlungen wichtig, wenn jeder seine Interessen vertritt. Es kann Sinn machen, gleich zu Beginn der Nachfolgeplanung ein professionelles Wertgutachten zu beauftragen. Hier unterstützen zum Beispiel die Kammern. Der Käufer setzt den Wert naturgemäß niedriger an als der Verkäufer. Deshalb sollte sich der Verkäufer nicht scheuen, die die Bewertung des Käufers zu kritisieren und Gegenargumente liefern. Auch beim Unternehmensverkauf wird gepokert.


Gründerinnentag findet wieder in Präsenz statt

Am 18. November in der IHK Bonn/Rhein-Sieg

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg richtet in Zusammenarbeit mit dem Beraterinnen-Netzwerk Bonn/Rhein-Sieg den Gründerinnentag Präsenzveranstaltung wieder als aus. Interessierte Frauen sind am Freitag, 18. November 2022, 14 bis 18 Uhr, zu einem Informationsaustausch in die IHK Bonn/Rhein-Sieg, Bonner Talweg 17, 53113 Bonn, eingeladen.

Im Fokus steht der Start in die Selbstständigkeit mit einem gut durchdachten Gründungskonzept als festes Fundament. Dr. jur. Petra Tiedemann (Freudenhammer, Maas & Partner) geht in ihrem einführenden Fachvortrag auf das Thema ,,Preiskalkulation oder wie finde ich den richtigen" Preis?" ein. Verena Pahmeier (Concré Gmbh) zeigt mit ihrem Vortrag ,,Der Weg zur eigenen Website" wie Gründerinnen Schritt für Schritt durch die drei Phasen der Website-Erstellung kommen: Von der Planung & Vorbereitung über die Umsetzung bis zur Pflege & Wartung gibt sie Tipps und Tricks rund um die Erstellung einer erfolgreichen Website und worauf Gründerinnen achten sollten.

Ab 15.45 berichten drei Unternehmerinnen unter der Moderation von Annett Herrendörfer (Sparkasse KölnBonn) über die ersten Erfahrungen ihrer Selbstständigkeit: Nora Mühlmann (Romi & Me, Sankt Augustin, www.romiandme.com), Katharina Müller (Café Camus, Bonn, www.cafecamus.de), und Susanne Reintgen (Lurchilu, Königswinter, www.lurchilu.de). Abgerundet wird der Nachmittag durch Fachinformationen an den Thementischen, an denen die Expertinnen des Beraterinnen Netzwerkes Bonn/Rhein-Sieg in Kurzberatungen erste Fragen zum Businessplan, zu Finanzierung und Absicherung, zu Steuern, Recht und Nachfolge sowie zu möglichen Förderprogrammen, aber auch zu Marketing oder der Förderung durch die Agentur für Arbeit beantworten.

Anmeldungen bei Jasmin Unkel, Telefon 0228/2284-269, E-Mail unkel@bonn.ihk.de, oder unter www.ihk-bonn.de (Webcode @6492753).

Das seit über 20 Jahren bestehende Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, ganz speziell auf Fragestellungen der Gründerinnen einzugehen, da sich im Laufe der Beratungstätigkeit herausgestellt hat, dass Frauen einen anderen Beratungsbedarf haben.

www.beraterinnennetzwerk.de


Erster Sprechtag Nachfolge

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg bietet gemeinsam mit dem Steuerberater-Verband Köln e. V. und dem Bonner Anwaltverein einen Sprechtag Nachfolge an. Er findet virtuell am Donnerstag, 10. November, statt. Dabei werden jeweils vier 30-minütige Termine für Einzelberatungen in den Bereichen Recht (11 bis 13 Uhr) und Steuern (14 bis 16 Uhr) angeboten. Als Experten stehen Rechtsanwalt Dr. Christian Weis, Schmitz Knoth Rechtsanwälte, Bonn, zugleich Fachanwalt für Arbeitsrecht und Handels& Gesellschaftsrecht, und Steuerberater Lars Nottelmann, BOENO Treuhand KG, Siegburg, bereit. Anmeldungen bei Jasmin Unkel, Telefon 0228/2284-269.