Erst wenn alle der rund 1000 Marathonläuferinnen und -Läufer die Startlinie am Belderberg überquert haben, wird sich Axel Densing langsam in Bewegung setzen. Der 55-Jährige ist der Besenläufer, das Ende des Marathons vor dem Schlussauto – zu erkennen am roten Luftballon mit der Aufschrift „Schlussläufer“. Seine Aufgabe: mit den langsamsten Läufern ins Ziel kommen – und dabei immer das Zeitlimit von sechs Stunden im Blick behalten. Denn danach wird die Strecke wieder für den Verkehr freigegeben. Eine Aufgabe, die leichter klingt, als sie ist.
„Hallo, du bist der Letzte. Ich laufe jetzt mit dir“, so stellt sich Densing seinen Mitstreitern auf der Strecke vor. „Die meisten wissen, dass sie langsam laufen, und freuen sich, dass sie nicht allein laufen müssen.“ Um den Marathon in dem vorgegebenen Zeitlimit zu schaffen, muss er durchschnittlich 8:30 Minuten pro Kilometer laufen. „Das Schöne ist, die Leute zu motivieren“, sagt der gelernte Koch aus Sankt Augustin. Densing ist also Motivator, Antreiber, aber auch Aufpasser. Denn schafft ein Teilnehmer dieses Tempo nicht, muss er ihn anweisen, entweder aufzugeben oder die Startnummer abzunehmen und allein auf dem Bürgersteig weiterzulaufen.
„Die meisten sind vernünftig“, sagt Densing. Einmal wandte sich eine Teilnehmerin in Höhe des Forschungszentrums Caesar auf der Ludwig-Erhard-Allee an ihn: „Ich kann nicht mehr, mir ist nicht gut.“ Zu dem Zeitpunkt hatte er einen Radfahrer als Begleitung bei sich, der die Läuferin zur nächsten Verpflegungsstation begleitete, wo ein Rettungssanitäter wartete. Sie fuhr später mit dem Schlussauto ins Ziel. „Man erkennt das, ob einer nicht mehr kann“, sagt Densing. Ein anderes Mal lief er gemeinsam mit einem jungen Mexikaner, der in Bonn studierte und zwei Tage nach dem Marathon in die Heimat fliegen wollte. Er wollte schon aufgeben, aber Densing trieb ihn an.
Der erfahrene Marathonläufer beobachtet vor allem zwei Gruppen. Die einen wissen, dass sie langsam laufen, und gehen den Wettkampf entsprechend ruhig an. Die andere Gruppe überschätzt sich, läuft zu schnell los oder hat schlichtweg zu wenig trainiert. „Aber das bekommt man schnell raus im Gespräch.“ Vor allem jüngere Läufer seien beim Thema Marathon zu ambitioniert: „Für junge Leute gehört das in die Vita rein.“
Team aus Brems- und Zugläufern unterstützt Teilnehmer
Densing lief seinen ersten Marathon bereits im Alter von 18 Jahren – ebenfalls in Bonn. Seitdem hat er, so schätzt er, zwischen 60 und 70 Marathons absolviert. Der Marathon am Sonntag wird Densings dritter Einsatz als Schlussläufer sein. Zu seiner besonderen Aufgabe kam er durch einen Zufall. Als 2018 der eigentliche Besenläufer kurz vor dem Rennen mit dem Fuß umknickte und nicht mehr starten konnte, suchte der Organisator der Brems- und Zugläufer, Michael Irrgang, den Densing durch die LG Ultralauf kannte, spontan nach einem Ersatz. Densing war eigentlich als Teilnehmer angemeldet. „Ich habe gesagt: ,Es ist egal, ob ich nun 4:30 Stunden laufe oder sechs Stunden‘.“ Nach einer kurzen Einweisung war er schon als Schlussläufer auf der Strecke – und übernahm auch 2019 den Posten.
Die neue Rolle hat auch den Blick auf die Strecke verändert. „Je langsamer man läuft, umso mehr nimmt man die Zuschauer wahr“, erzählt der 55-Jährige. „Auf der Brücke ist immer was los.“ Und auch am Bonner Rheinufer in Höhe der „Zweiten Fährgasse“ mache eine Gruppe von Studenten aus dem Anfeuern jedes Jahr eine Party „fast schon wie Karneval“. Sie schleppen eine Couch, Sessel und eine Zapfanlage an den Streckenrand, einige Studenten fragen: „Willst du ein Bier?“ Zum Leidwesen von Densing nehmen einige Läufer dieses Angebot sogar an.
Am Rheinufer grillen die Zuschauer entlang der Strecke
Sein liebster Streckenabschnitt befindet sich in Beuel: „Am Rhein sitzen die Zuschauer, manche grillen, andere prosten einem mit einem Bier zu.“ Auf seiner zweiten Runde kommt er gegen 14 Uhr dort vorbei. Entlang der Route gibt es aber auch Abschnitte, an denen kaum Applaus und Anfeuerungsrufe zu hören sind, zum Beispiel das lange Stück auf der Petra-Kelly-Allee und Ludwig-Erhard-Allee. Da müssen sich die Läufer selbst motivieren. Das ungewohnt langsame Tempo macht ihm persönlich während des Laufens nichts aus, „aber die Muskeln merken das am anderen Tag“.
An diesem Sonntag wird er zum ersten Mal nicht allein als Schlussläufer an den Start gehen. In diesem Jahr wird das Teilnehmerfeld von zwei Endläufern begleitet. Am Wettkampftag selber trifft sich das Brems- und Zugläufer-Team unter der Leitung von Michael Irrgang. Alle Läufer machen den Job ehrenamtlich. Sie bekommen eine kurze Einweisung sowie die T-Shirts und Luftballons. Nur auf Densings Laufballon steht eine Bezeichnung, auf allen anderen eine Zeitangabe. Seine Kollegen fungieren als Pacemaker, sie helfen den Teilnehmern, eine bestimmte Zielzeit einzuhalten – es gibt Zugläufer für 3:00, 3:30, 4:00 und 4:30 Stunden. Aber die größte Aufmerksamkeit bekommt der Schlussmann: „In der zweiten Runde bekommt der Schlussläufer genauso viel Applaus wie der Erste. Das finde ich toll“, sagt Densing.
Sperrungen entlang der Laufstrecke
INFO Kennedybrücke, Innenstadt und Beuel
Für den Bonn-Marathon werden in der Innenstadt und in Beuel einige Straßen gesperrt. Der Startbereich (Rathausgasse, Stockentor, Franziskanerstraße, Belderberg) wird bereits ab Samstag, 22. April, 19 Uhr gesperrt. Alle anderen Sperrungen gelten ab Sonntag, 23. April, 7 Uhr. Gesperrt wird die gesamte Laufstrecke, außerdem gelten folgende Straßensperrungen:
Bonn-Zentrum: Wachsbleiche, Römerstraße, Welschnonnenstraße, Belderberg, Sandkaule, Adenauerallee, Bundeskanzlerplatz bis Welckerstraße. Im Zentrum sind zusätzlich die Bereiche Oxfordstraße ab Wilhelmstraße bis Kennedybrücke, Rathausgasse, Am Hof, Wesselstraße, Am Neutor und Am Hofgarten gesperrt. Die Sperrungen werden am Sonntag gegen 17 Uhr aufgehoben.
Beuel: Kennedybrücke, Konrad-Adenauer-Platz, Limpericher Straße, Auf der Schleide, Rudolf-Hahn-Straße, Landgrabenweg bis T-Mobile, Rheinaustraße zwischen Kennedybrücke und Combahnstraße, Combahnstraße zwischen Rheinaustraße und Professor-Neu-Allee, Professor-Neu-Allee zwischen Combahnstraße und Konrad-Adenauer-Platz. Die Sperrungen enden gegen 15 Uhr.
Brücken: Nord- und Südbrücke sind in beiden Richtungen befahrbar; die Abfahrt ,,Rheinaue“ sowie die Kennedybrücke sind während der Veranstaltung gesperrt.
Halteverbot: In Teilbereichen der Laufstrecke gilt Halteverbot. Es gilt ab Samstag, 21 Uhr bis Veranstaltungsende. Am Samstagabend und in der Nacht zu Sonntag werden die Bereiche kontrolliert und dort abgestellte Fahrzeuge abgeschleppt.
Nahverkehr: Ab Sonntagmorgen 5 Uhr werden Umleitungen und Sperrungen für Busse und Bahnen eingerichtet. Die Kennedybrücke wird für den öffentlichen Nahverkehr von 8 Uhr bis circa 15.30 Uhr gesperrt. Außerdem werden der Belderberg, die Rathausgasse sowie der Start- und Zielbereich am Markt/Bischofsplatz/Am Hof für den Marathon freigehalten. Mit dem Veranstaltungsende werden alle Maßnahmen bis spätestens 20 Uhr wieder zurückgenommen.
bsb
Weitere Informationen zu Sperrungen und Umleitungen gibt es unter www.bonn.de/marathon und www.swb-busundbahn.de
INFO-HOTLINES
Marathon-Hotline: 0151/57 35 53 77
Verkehrslenkung Stadt Bonn: 0228/773025
Schlaue Nummer für Bus und Bahn: 0800 6/50 40 30 (der Anruf ist kostenlos aus allen deutschen Netzen)
Sprechender Fahrplan: 08 00 3/50 40 30 (automatisches Sprachportal, kostenlose Fahrplanauskunft)