Ein Gespräch über seinen Ausstieg als Veranstalter des Laufs, die Risiken des Geschäfts und die Veränderungen von der Vereinsstruktur

Interview mit dem Chef des Marathons in Bonn - Klaus Malorny: "Der Marathon ist ein Abenteuer"

Alles klar für den Start: Marathon-Chef Klaus Malorny gibt hier im Jahr 2010 das Zeichen. ARCHIVFOTO: ITTERMANN

Mr. Bonn-Marathon über seinen Ausstieg als Veranstalter des Laufs, veränderte Ansprüche und zurückgehende Teilnehmerzahlen

Mr. Bonn-Marathon Klaus Malorny hat im Dezember seinen Ausstieg als Veranstalter des Deutsche Post-Marathons bekannt gegeben, den er seit dem Jahr 2001 mit seiner Agentur Master Logistics (Bergisch Gladbach) zusammen mit der Kölner MMP Event GmbH veranstaltet hatte. Über die Gründe sprach Hansjürgen Melzer mit Klaus Malorny.

Werden Sie sich den Bonn-Marathon am Wochenende anschauen?
Klaus Malorny: Wir werden mit dem ganzen Team im Königshof frühstücken gehen. Das Hotel war damals unser erster Partner. Anschließend werden wir uns die Veranstaltung mal von der anderen Seite aus entspannt angucken.

Warum sind Sie ausgestiegen?
Malorny: Michael Mronz von unserem Partner MMP Event GmbH hatte vor Corona schon Anteile seines Unternehmens an die ProSiebenSatl-Media-Gruppe verkauft. Als er später auch noch die restlichen Anteile verkaufte und die Firma zu einer hundertprozentigen Tochter wurde, haben wir zwar 2019 noch den Marathon gemacht. Die Szene hat sich dann aber nicht zuletzt durch Corona massiv verändert. Menschen haben sich neu orientiert. Sie gehen in Sportstudios, machen andere Sportarten oder stellen sich anderen Herausforderungen. Das merken alle Veranstalter. 15 bis 20 Prozent der Teilnehmer fehlen. Die Kostenseite ist aber wegen immer höherer Auflagen und Preise genau in die andere Richtung gelaufen.

Sind Sie also rausgegangen, weil Michael Mronz nicht mehr Ihr Geschäftspartner war?
Malorny: Schlussendlich haben sich Strukturen verändert und schlussendlich hatte ich andere Vorstellungen. Die Kollegen wollten zum Beispiel unbedingt auch noch einen 10-Kilometer-Laufmachen. Ich habe es für besser gehalten, mich zurückzuziehen, weil ich wirtschaftliche Risiken erkannt habe, die ich nicht mehr eingehen wollte. Ich werde nächstes Jahr 70, da muss ich keine Sprünge mehr machen. Und meine Nachfolge bleibt in der Familie. Ob sich die Risiken bewahrheiten, werden die Kollegen in Zukunft zu beurteilen haben. Sie haben mit der Deutschen Post aber auf jeden Fall einen starken und kompetenten Partner.

Was sind für Sie die Risiken?
Malorny: Wir haben in Bonn vor allem immer auf die Qualität gesetzt. Wenn ich aber 3000 bis 4000 Teilnehmer weniger habe, fehlen mir rund 200 000 Euro. Und da man als Kaufmann mit anderen Dingen deutlich mehr Geld als mit einem Marathon verdienen kann, heißt das, du hast ein sattes Minus. Dann musst du aber die Leistungen reduzieren. Es gibt für mich da eine Risikoabschätzung.

Das war aber vor dem Start Ihres ersten Bonn-Marathons nicht anders...
Malorny: Das ist richtig. Damals bin ich dieses Risiko eingegangen. Die ersten fünf bis sechs Jahre haben Michael Mronz und ich immer Geld zugezahlt. Jetzt war ich jedoch der Meinung, dass die erforderlichen Zahlen nicht erreicht werden können, wollte aber gleichzeitig keinen Qualitätsverlust haben. Da waren wir einfach anderer Meinung. Da musste ich eine Entscheidung treffen-ohne Groll.

Wie kam es im Jahr 2001 zum Bonn-Marathon?
Malorny: Nachdem wir erfolgreich 1997 den Köln-Marathon an den Markt gebracht hatten, haben wir drei Jahre später gedacht, das könnten wir auch in Bonn versuchen. Die Stadt hat eine ähnliche Struktur wie Köln, und es gab dort schon einmal einen Marathon. Michael Mronz war auch in Köln für die Vermarktung und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Ich habe ihn gefragt, ob wir es nicht zusammen machen wollen. Wir konnten gut miteinander.

Wie war damals der Start?
Malorny: Sehr zäh in den ersten Jahren, obwohl uns die Rhein Energie als Hauptsponsor zehn Jahre lang gut unterstützt hat. Wir sind früh von der Marathonstrecke mit einer Runde weggegangen, weil die Belastung für die Stadt zu groß war. Denn wir haben sehr viel Unterstützung von der Verwaltung bekommen. Sie hat uns zum Beispiel das Viktoriabad zur Verfügung gestellt und die Tribünen aufgebaut. Wir haben, um die Belastung zu reduzieren, den Schritt gewagt, auf zwei Runden zu gehen, wodurch wir einige Marathonläufer verloren haben. Dann haben wir aber die Tür für den Halben aufgemacht und wurden damit sehr erfolgreich.

Hat sich die Läuferszene verändert?
Malorny: Ja. Die alte Vereinsstruktur gibt es heute kaum mehr. Früher haben sich die Leute dort gemeinsam auf den Marathon vorbereitet. Das ist heute die Ausnahme. Die Menschen, die früher in die Vereine gingen, gehen heute lieber ins Fitnessstudio. Viele haben auch mit Radfahren angefangen. Damals hast du dich in 333 Tagen von der Theke weg auf den Marathon vorbereitet. Alle Veranstaltungen hatten sensationelle Teilnehmerzahlen. Aber irgendwann war das vorbei. Dann war man als Veranstalter schlau, wenn man auf den Halbmarathon wechselte. Der hat früher fast nur im Wald stattgefunden, ist aber heute die wirtschaftliche Grundlage. Einer muss eben die Party bezahlen.

Wie haben sich die Teilnehmerzahlen entwickelt?
Malorny: Der Marathon-Markt ist deutlich zurückgegangen. Dafür ist nach aber der Halbmarathon-Markt oben gegangen. In Bonn hat das daher lange nicht so viel ausgemacht. Am Anfang hatten wir 3000 Marathonläufer. Das pendelte sich, nachdem wir auf zwei Runden gegangen sind, bei rund 1000 Teilnehmern ein. In Köln hatten wir ein Niveau von fast 20.000 Marathonläufern, heute sind es nur noch 7000 bis 8000. Aber es gibt dafür 15.000 Halbmarathonläufer. Die Halbmarathonzahlen in Bonn sind bisher auch sehr stabil gewesen. Wir lagen mit Marathon und Staffeln so insgesamt immer bei über 12 000 Teilnehmern.

Wäre es nicht konsequent gewesen, ganz auf den Marathon zu verzichten?
Malorny: Wenn ich für die Stadt und die Sponsoren ein besonderes Event haben möchte, kann ich den Marathon als Label nicht wegnehmen. Der Marathon muss die Königsdisziplin bleiben. Es ist eben immer noch etwas Besonderes, einen Marathon zu laufen, egal in welcher Zeit. Es ist ein Abenteuer, ein Einschnitt im Leben. Bei einem Zwei-Runden-Kurs macht es aber auch wirtschaftlich keinen Sinn, den Marathon rauszunehmen.

Sie haben irgendwann auf Topläufer verzichtet. Warum?
Malorny: Da unterstützen wir lieber Vereine und Schulen als viel Geld für Läufer aus Afrika auszugeben, die dann vielleicht bei der Veranstaltung schlecht drauf sind. Das war für mich immer moderner Menschenhandel, wenn Manager diese Läufer drei oder vier Monate in einem Ferienhaus in Belgien oder Holland unterbringen und ihnen nur 30 Prozent der Gage aushändigen. Da stecke ich das Geld lieber in Spaghetti für die Läufer.

Ihr Rückzug gilt aber nur für den Bonn-Marathon?
Malorny: Ja. Wir machen weiter mit beim Köln-Marathon, beim Köln-Triathlon und beim Radrennen ,,Rund um Köln". Außerdem beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Wir entwickeln auch weiter Sicherheitskonzepte wie zum Beispiel für die Silvesternacht in Köln nach dem Debakel im Jahr 2015 mit den sexuellen Übergriffen. Auch nach den Problemen zum Auftakt der letzten Karnevalssession im Zülpicher Viertel hat man uns gebeten, ein Konzept zu entwerfen. Ich leite weiter die Stäbe, während mein Sohn das ganze Operative inzwischen vielleicht besser als ich betreut.

Laufen Sie selbst noch?
Malorny: Nein, bereits seit zwölf Jahren nicht mehr. Der Orthopäde hat gesagt, dass ich damit aufhören soll. Seitdem habe ich keine Knieprobleme mehr. Ich walke dreimal pro Woche zwei Stunden, fahre weiter Rad.

Daraus kam die Idee mit der Bergischen 50 für Wanderer?
Malorny: Ja. Wir haben alle die Haarfarbe gewechselt. Irgendwann müssen die ganzen Marathonläufer etwas anderes machen. Der Bewegungsdrang ist ja nicht weg. Da kam die Idee einer Wanderung mit einem hohen Servicecharakter. Bei uns bekommst du ein Mittagessen und hast alle drei bis vier Kilometer eine Verpflegungsstation. Es gibt einen Shuttle. Du musst dich also um nichts kümmern. Die Bergische 50 hat sich mittlerweile fest in der Szene etabliert. Wir werden am 29. April fast 3000 Teilnehmer haben. Sehr angenehmes Publikum. Die sind alle viel entspannter, der Druck ist weg.

Sie sind im Jahr 2013 aus dem hektischen Köln mit Ihrem Unternehmen nach Unterthal in Bergisch Gladbach in eine absolut ländliche Umgebung gezogen. Warum?
Malorny: Wir haben unseren Firmensitz in einem über 200 Jahre alten Fachwerkhaus, das wir selbst renoviert haben. Du fährst aus Köln aus der hektischen Stadt zurück und bist auf dem Land. Das ist einfach herrlich.

ZUR PERSON

Klaus Malorny, 68, organisierte den Marathon in Bonn seit 2001. Selbst ist der gelernte Koch die Königsdisziplin nur im Rahmen von Triathlon-Wettbewerben gelaufen. Die Ironman-Distanz absolvierte er in 10 Stunden und 30 Minuten. In seiner Firma Master Logistics mit Sitz in Bergisch Gladbach arbeiten auch seine Frau Andrea und sein Sohn Connor mit, der bereits das operative Geschäft weitgehend übernommen hat.
mel