Der Geschäftsführer der Tourismus & Congress GmbH Region Bonn / Rhein-Sieg / Ahrweiler über den Strukturwandel in der früheren die Attraktivität der Region, die Folgen der Pandemie und die Zukunftsaufgaben Bundeshauptstadt

„Die Region ist ein touristisches Juwel"

Als Veranstalter des Schiffskonvois bei ,,Rhein in Flammen" erzielt die T&C große mediale Aufmerksamkeit und wichtige Einnahmen. FOTO: DOMINIK KETZ

Die aktuelle T&C-Kampagne trägt den Titel ,, Region Bonn überrascht!". Was fällt Ihnen dazu im Hinblick auf den 25. Geburtstag der Gesellschaft ein?
Udo Schäfer: Wir waren vor dem Umzugsbeschluss als Stadt und Region maßgeblich durch die Stellung als Bundeshauptstadt und Regierungssitz touristisch geprägt. Das Bewusstsein einer Tourismus- und Kongress-Destination gab es damals so noch nicht. So führte der Regierungsumzug dazu, das Bewusstsein für den Tourismus und dessen Bedeutung zu schärfen und die Region Bonn als Tourismus-, Kongress- und Tagungsstandort neu zu definieren. Als wir damit anfingen, haben wir zum ersten Mal überrascht. Denn als man die Sehenswürdigkeiten und touristischen Möglichkeiten der Region unter dem neuen Blickwinkel betrachtete, stellte man schnell fest, was für ein touristisches Juwel wir hier haben. Danach ging es darum, buchbare Produkte und Angebote zu entwickeln und sie durch Marketingmaßnahmen bekannt zu machen, damals mit den Werbemitteln über Reiseveranstalter-Kooperationen sowie im Tagungs- und Kongressbereich über Key-Account-Management. So ist Stück für Stück ein neues Bewusstsein entstanden. Heute sind wir eine touristische Region mit einem großen und vielfältigen Angebot. Nehmen Sie zum Beispiel nur die Themen Beethoven, Siebengebirge, Rhein, oder die in diesem Zeitraum entstandenen Produkte Beethovenrundgang, Kultur mit der Museumsmeile, Natursteig Sieg, Römerkanalwanderweg oder die Apfelroute, um nur einige zu nennen.

Und Bonn ist ja heute nicht nur als Beethovenstadt bekannt.
Schäfer: Das stimmt, Bonn und die Region stehen neben Beethoven auch für weitere starke Themen wie Kultur, für Nachhaltigkeit, für die UN, für die Wissenschaft, für eine florierende Wirtschaft und für Internationalität. Das zeigt: In der Region hat aus meiner Sicht ein erfolgreicher Strukturwandel stattgefunden. Und dass er gelungen ist, hat u.a. auch mit Blick auf das Tourismus- sowie Kongresswesen und der Gründung der T&C zu tun. So gesehen, war es eine weise Entscheidung, die T&C zu gründen.

Was ist das Besondere an dem Modell einer Gesellschaft als Public Private Partnership?
Schäfer: Kommunale und privatwirtschaftliche Akteure zu verbinden - das zeigt ja auch die Gesellschafterstruktur - war wegweisend für die Zukunft. Denn das Verhältnis zwischen öffentlicher Hand und privaten Unternehmen brachte ob der Struktur den benötigten Abstimmungsbedarf mit sich. Diese Partnerschaft wurde und wird aktiv gelebt. Durch die Gesellschafterstruktur Stadt Bonn, Rhein-Sieg-Kreis, die Beteiligung der Privatwirtschaft über den Förderverein (angesiedelt bei der IHK), die IHK Bonn/Rhein-Sieg sowie der Innung/ DEHOGA, haben wir einen idealen Mix an Akteuren zur touristischen Gestaltung an einem Tisch. Das sorgt für eine ganz andere Durchdringung bei der Planung und Entwicklung von Maßnahmen. Man ist nah an den Themen dran und verfolgt gemeinschaftlich seine Ziele.

Ihre Arbeit spielt sich häufig hinter den Kulissen ab. Für welche Events steht die T&C?
Schäfer: Wir sind zum Beispiel der Veranstalter von „Rhein und Flammen", was den Schiffskonvoi angeht. Diese überregional beliebte Veranstaltung hat neben der touristischen Relevanz für die Tourismusindustrie auch für uns als Gesellschaft eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung. Damit generieren wir in gewöhnlichen Jahren wichtige Einnahmen, die wir für unsere Arbeit- und damit für die Region - einsetzen.

Wie hart hat Corona die T&C getroffen?
Schäfer: Zum Glück hat die Struktur der Gesellschaft uns auch in der Pandemie geholfen. Mit unseren Gesellschaftern konnten wir in zahlreichen Videokonferenzen recht schnell eine neue Strategie entwickeln. Dabei sind viele Dinge entstanden, die uns durch die Krise getragen haben, zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung oder auch im Marketing.

Und jetzt herrscht plötzlich eine unfassbare Aufbruch-Stimmung…
Schäfer: Wir spüren, dass das Pflänzchen Tourismus wieder wächst. Das gilt auch für den Veranstaltungs- und Kongressbereich. Das Leben pulsiert wieder mehr als im letzten Sommer. Im ersten Lockdown wussten wir alle nicht, wie wir damit umgehen sollen. Erst wurde die Internationale Tourismusbörse abgesagt, und dann ging erst mal nichts mehr. Später haben die Menschen den Urlaub zu Hause für sich entdeckt. Und damit wuchs für uns alle die Erkenntnis: Tourismus fängt vor der Haustür an. So forcierte Corona ein anderes Denken.

Warum lohnt sich ein Urlaub in Bonn und der Region?
Schäfer: Es ist auf der einen Seite das, was die Region anzubieten hat, sowie die wunderbare Symbiose aus Stadt und Region, in Verbindung mit kurzen Wegen. Das Angebot reicht von Beethoven über die Museumsmeile und weitere kulturelle Möglichkeiten, über die aktivtouristischen Themen wie Radfahren und Wandern bis hin zu Events und Sehenswürdigkeiten und bietet damit eine hohe Qualität mit Erlebnischarakter. Dieses Potenzial gilt es weiter zu nutzen, auszubauen. Sie treten quasi aus der Tür und der Urlaub kann beginnen.

Zeigt sich der aktuelle Aufschwung in den Übernachtungszahlen?
Schäfer: Schon im letzten Jahr sind die Zahlen wieder gestiegen, das war deutlich im Sommer zu spüren. Diese Entwicklung wurde dann aber leider von der vierten Corona-Welle unterbrochen. In diesem Jahr verspüren wir noch mehr Aufbruch-Stimmung: Veranstaltungen und Events, Tagungen und Kongresse kommen wieder, allerdings noch nicht in der Art und im Umfang wie früher. Man konzentriert sich auf das Jetzt, plant noch nicht allzu langfristig. Die Übernachtungszahlen sind nicht mehr weit von der Zeit vor der Pandemie entfernt.

Corona hat die Welt ein Stückweit verändert, unser Bewusstsein, unsere Erwartungen und Ansprüche. So gibt es zum Beispiel im Kongresswesen neue Formate wie etwa hybride Veranstaltungen. Das zeigt, dass durch die Veränderungen auch neue Chancen für die Tourismus- und Tagungsbranche entstehen.

Welche Herausforderungen warten auf die T&C in den kommenden Jahren?
Schäfer: Mit dazu beitragen, das Angebot zu sichern, auszubauen und nachhaltig zu agieren. Weiter werden stetige Veränderungsprozesse auch in der Zukunft unser tägliches Tun bestimmen. Viele Dinge sind heute viel unmittelbarer, in der Vermarktung, aber auch im Vertrieb und der Kommunikation. Folglich sind Nachhaltigkeit und Digitalisierung eine Kernaufgabe unseres Handelns, verbunden mit der Erkenntnis, dass das Lebensraum-Management (der Tourismus fängt vor der Haustüre an) von essenzieller Bedeutung ist.

Wie verändert die Digitalisierung das Aufgabenprofil der T&C?
Schäfer: Erfassung, Pflege, Vernetzung, Nutzung und Vertrieb touristischer Daten ist eine Zukunftsaufgabe für eine Destinations-Management-Organisation. Wir werden künftig als wesentlicher Impulsgeber in der Region Bonn fungieren, was die Qualitäts- und Datenstandards und was die Entwicklung von digitalen Anwendungsfällen angeht – was wir also genau mit diesen Daten machen und wie wir sie nutzen können, damit der Gast und das regionale Destinationsmarketing einen Mehrwert davon haben. Die digitale Transformation ist von strategischer Bedeutung, denn die Gesellschaft wird immer digitaler. Wir müssen damit Schritt halten und auf diesem Feld aktiv sein, damit wir uns im Wettbewerb mit anderen Regionen gut als eine smarte Destination positionieren können.

Die Digitale Transformation beinhaltet im Übrigen auch Aspekte für nachhaltige Gestaltungsmöglichkeiten, beispielsweise bei Themen wie Besucherlenkung, papierlose Konferenzen, Verkehr usw.

Wie wichtig sind für die T&C Netzwerke und Partner?
Schäfer: Public Private Partnership und Vernetzung sind entscheidend, weil sie eine ganz andere Kommunikation ermöglichen. Wichtig sind auch unsere strategischen Partner, ob das Tourismus NRW e.V. ist oder unsere bundesweit tätigen Verbände – wir sind mit allen sehr eng verbunden und sitzen in zahlreichen Gremien. Auch an der Landestourismusstrategie waren wir mit beteiligt. Auf regionaler Ebene haben wir den Tourismusausschuss in der IHK. Das ist eine touristische Familie, die in den unterschiedlichen Bereichen zusammenarbeitet und uns die Möglichkeit zur Reflexion und zum Austausch bietet. Auch in Sachen Tourismusförderung lassen sich gemeinsam viele Sachen leichter auf den Weg bringen. Bei Lonely Planet waren wir zum Beethovenjahr unter den Top Ten gelistet. Sowas schaffen Sie nur mit starken Partnern wie damals in Kooperation mit der BTHVN-Jubiläumsgesellschaft, basierend auf einem starken touristischen Netzwerk.

Welche Rolle wird die T&C in der Zukunft einnehmen?
Schäfer: Von weiterer zentraler Bedeutung werden auch in Zukunft die Vernetzung der Region und der Wissenstransfer sein, also der Austausch untereinander. Nur gemeinschaftlich können wir die Herausforderungen annehmen und unsere Ziele erreichen. Als T&C sehen wir uns folglich in der Pflicht, Themen, Trends und Veränderungen aufzugreifen und gezielt mit den touristischen Partnern in unsere Planungen zu integrieren. Für diese Zukunftsaufgabe bildet unsere Gesellschafterstruktur nach wie vor eine starke Basis.

ZUR PERSON

Udo Schäfer FOTO: BENJAMIN WESTHOFF

Udo Schäfer, Jahrgang 1966, leitet die T&C seit 2011. Zuvor war der gebürtige Bad Godesberger zwölf Jahre im Hotelgewerbe tätig. Schäfer wohnt in Wachtberg und ist seit 2002 bei der T&C beschäftigt.