Er habe vor nichts Bammel, hat Christian Held, damals noch Trützler, dem GA 2021 in seinem ersten Interview als Hardtberger Bezirksbürgermeister gesagt. Das galt auch für den Tod. Der wurde für ihn knapp zwei Jahre nach dem Gespräch zum Thema. Bei seiner Hochzeit Anfang 2023 war schon klar, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Held sagte da: „Angst habe ich vor dem Sterben, aber nicht vor dem Tod.“ Am 19. August starb er im Alter von 61 Jahren an Krebs.
Die Krankheit hatte ihn über Jahre begleitet. Immer wieder musste er operiert werden. Vor Weihnachten 2022 fanden die Ärzte dann Metastasen im Bauch – keine Operation möglich. Jutta Brodhäcker, Freundin und Parteikollegin bei den Grünen, begleitete Held durch die letzten Monate, war oft bei ihm im Krankenhaus. Zusammen mit einer kleinen Gruppe von Freunden und dessen Mann erfüllte sie Held seinen letzten Wunsch.
Held wollte noch ein letztes Mal ans Meer. Für einen Tag konnte er das Krankenhaus verlassen. Im belgischen De Haan setzten die Freunde Held in einen speziellen Rollstuhl (auf den war er seit einigen Jahren angewiesen) und schoben ihn über den Strand. „Er stand am Meer und weinte“, erinnerte sich Brodhäcker kurz nach Helds Tod. Was sie immer beeindruckt habe: wie Held mit seinem Schicksal umging, den Lebensmut nie verlor.
Das Schicksal hatte es nicht unbedingt gut gemeint mit Held: 2017 hatte er im Urlaub auf Malta einen Darmdurchbruch, lag im Koma. Als er aufwachte, konnte er nur noch den Kopf und die Finger bewegen. Die Physiotherapie half, aber schnell war klar: Er wird ab jetzt einen Rollstuhl brauchen. Zu der Zeit war er gerade auf dem Weg, ein erfolgreicher Turniertänzer zu werden.
Eine andere Leidenschaft neben dem Tanzen: das Singen. Viele Jahre war er als Chanson-Sänger aufgetreten. „Christian Held hat die kunstvolle Vielfalt Bonns bereichert“, schreibt eine Leserin dem GA nach Helds Tod: „Er war stimmungsvoller Sänger französischer Chansons im Original.“
Dass er die Sprache fließend beherrschte, half ihm sicherlich auch dabei, sich nach seiner Wahl zum Bezirksbürgermeister 2020 für die Partnerschaft des Stadtbezirks mit der französischen Gemeinde Villemomble einzusetzen. Durch die Pandemie, in der es keine Besuche gab, hielt er den Kontakt aufrecht. Die beschloss kürzlich, Held zum „Citoyen d‘honneur de la Commune de Villemomble“, zu ernennen, also zum Ehrenbürger. Sehr zur Freude von Birgitta Kraus, Vorsitzende des Partnerschaftskomitees Hardtberg Villemomble. „Er hat es verdient“, sagte sie. „Innerhalb von drei Jahren hat er einen Eindruck hinterlassen, dass die ihn zum Ehrenbürger machen“, so Kraus.
Die Politik entdeckte Held in der Schulzeit in Miltenberg am Main für sich, wurde Mitglied der FDP. Später, er wohnte mittlerweile in Oberdollendorf, trat er in die SPD ein, wurde in Königswinter Juso-Vorsitzender. 2005 ging er zu den Grünen. „In meiner Familie gelte ich als linkes Schaf. Grundsätzlich bin ich liberal“, hat er gesagt.
Schon vor seinem Beitritt 2005 saß Held als Parteiloser für die Grünen in der Bezirksvertretung Hardtberg und übernahm danach in der Partei verschiedene Funktionen. Er saß im Stadtrat und kandidierte2010 für den Landtag. Als erster Grüner wurde er Bezirksbürgermeister in Hardtberg. Themen, die ihm wichtig waren: „Leerstand in der Fußgängerzone und barrierefreie Gestaltung, Neugestaltung Burgweiher, Verkehrswende, mehr soziale Angebote in Medinghoven.“
Anfang dieses Jahres gab es für Held noch mal einen Glücksmoment: Er heiratet Jan Held, der wie er im Rollstuhl sitzt, nimmt dessen Namen an. Gleichzeitig mit der Hochzeit plant er auch die Trauerfeier. Rückblickend sagte Held: „Ich hatte ein geiles Leben.“
VON DENNIS SCHERER