Rückblick auf 2023: Die Postbank und Deutsche Bank - IT-Probleme, Datenschutzverletzungen und Kundenfrust

Die Frustbank

Am Neuen Bundeskanzlerplatz in Bonn sitzen Postbank und Deutsche Bank FOTO: WESTHOFF

Die Farbe Gelb gilt gemeinhin als Warnfarbe. Eine Farbe, die sagt: Achtung, jetzt wird's brenzlig! Dass die Postbank sich in Gelb hüllt, ist zwar nur ein Zufall, aber zu den Geschehnissen in diesem Jahr passt er nun mal außerordentlich gut. Das Jahr 2023 dürfte als eines der unrühmlichsten in die Geschichte der Postbank eingehen.

Größter Stein des Anstoßes war das sogenannte Projekt „Unity“ (deutsch „Einheit“): Der Umzug von etwa zwölf Millionen Kundenkonten der Postbank auf eine gemeinsame IT-Plattform mit der Deutschen Bank. In vier Wellen hatte die Bank die Konten übertragen, im Juli war die IT-Migration offiziell abgeschlossen. In dieser Zeit lagen Funktionen wie das Onlinebanking für Kunden lahm. Eine verkraftbare Maßnahme, wenn es denn bei den wenigen Migrations-Wochenenden geblieben wäre. Doch die Probleme hielten auch danach an.

Kunden, darunter auch Leserinnen und Leser des GA, kamen monatelang nicht in ihr Onlinebanking. Ihre Geldkarten funktionierten nicht, Überweisungen nicht mehr ausführen. konnten sie Mieten und blieben auf Versicherungsbeiträge der Strecke. Bargeld-Reserven gingen zur Neige. Der telefonische Kundenservice sei stundenlang nicht erreichbar, berichteten Betroffene. Die Deutsche Bank verkündete derweil einen erfolgreichen Abschluss“ der IT-Migration.

Dabei wurde die Liste der Ärgernisse länger und länger: Inhaber sogenannter Pfändungsschutzkonten kamen monatelang nicht an ihr vor Pfändung geschütztes Guthaben. Leser berichteten uns sogar von Fällen, in denen Konten fälschlicherweise gepfändet wurden und damit gesperrt waren - sie mussten sich in der Not Geld von Freunden leihen. Die zuständige Pfändungsabteilung der Postbank war nicht erreichbar oder die Bearbeitung dauerte wochenlang. Die Verbraucherzentrale NRW legte deswegen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Aufsichtsbeschwerde ein; die Postbank sagte Schadensersatz zu.

Probleme gab es auch bei Nachlassangelegenheiten. Eine Bonner Postbank-Kundin erzählte dem GA ihren Fall: Sie hatte monatelang auf ein sechsstelliges Erbe gewartet. Es drohten hohe Verzugskosten, weil sie die Erbschaftssteuer nicht aus eigener Tasche bezahlen konnte. Vom Erbe konnte sie es auch nicht abzwacken, denn sie kam ja nicht ans Konto. Nach dem Artikel über ihren Fall kam die Angelegenheit zwar ins Rollen. Genervt ist die Bonnerin trotzdem. So wie viele Leser, mit denen wir sprachen, hatten sie und ihr Mann zuvor nur wenig an ihrem Geldinstitut auszusetzen: „Wir sind schon seit den 90er Jahren bei der Postbank und waren stets zufrieden. Erst seit der Übernahme durch die Deutsche Bank gibt es Probleme“, sagte sie uns.

Erst seit der Übernahme durch die Deutsche Bank gibt es Probleme

Dass der Mutterkonzern Deutsche Bank das eigentliche Problem ist, sah auch die BaFin so. Sie sprach Anfang September eine Rüge gegen die Deutsche Bank aus, weil sie die Probleme ihrer Tochter nicht in den Griff bekomme. Und das war nicht alles: Die Rüge erstreckte sich auf ein weiteres Tochterinstitut, die auf Baufinanzierungen spezialisierte DSL Bank, ebenfalls ansässig am Neuen Bundeskanzlerplatz. Kunden bekamen ihre Immobilienfinanzierungen nicht rechtzeitig ausgezahlt, weil sich die Bearbeitung hinzog. Betroffene konnten ihren Hauskauf nicht abschließen oder Handwerker nicht bezahlen. Anfragen zur Ablösung von Darlehen beantwortete die Bank nicht, klagten Kunden. Und auch hier war der Kundenservice kaum erreichbar. Als wäre der Schaden für den Deutsche-Bank-Konzern nicht genug, kam es im Sommer auch noch zu einem Datenleck. Neben Postbank und Deutscher Bank waren weitere Institute betroffen. Das Leck betraf das Dateitransferprogramm „Move it“, das von einem Dienstleister der Banken eingesetzt wird. Dahinter steckte eine Hackergruppe namens Clop, die in Russland verortet wird. Ein betroffener Leser zeigte uns ein Schreiben, in dem die Postbank ihre Kunden darüber informierte, dass ihr Name und ihre IBAN durch die Sicherheitslücke abgeflossen seien. Später zeigte sich, dass die Daten im Darknet, dem dunklen Teil des Internets, aufgetaucht sind – dort also, wo sie leichte Beute für Betrüger sind.

Der Leser war geschockt: Zwar können Kriminelle damit noch auf kein Konto zugreifen. Aber sie können Phishing-Mails personalisierter formulieren und haben damit höhere Erfolgschancen, weitere Daten abzugreifen. Auch lassen sich mit Name und IBAN unberechtigte Lastschriftaufträge durchführen. Tatsächlich ist diese Unsicherheit allein Grund genug, von der Bank Schadensersatz einzufordern. Verbraucherschützer weisen hier auf die Datenschutzgrundverordnung hin: Im Fall von Datenschutzverstößen können Betroffene auch immaterielle Schäden geltend machen. Die Deutsche Bank teilte mit, den entstandenen Schaden zu ersetzen, wenn es zu unautorisierten Lastschriftaufträgen gekommen sei.

Zwar hat der Deutsche-Bank-Konzern 800 zusätzliche Arbeitskräfte für die vielen Kundenanfragen eingesetzt. Da die Missstände jedoch anhielten, bestellte die BaFin Ende September einen Sonderbeauftragten. Er soll darüber wachen, dass die Einschränkungen im Kundenservice bei Postbank und DSL Bank zügig beseitigt werden. Die Deutsche Bank teilte daraufhin mit, dass sie bei der Lösung der Probleme „gut vorankomme“.

Wie gut, darf allerdings bezweifelt werden: Ende Oktober meldete der Bundesverband der Verbraucherzentralen 1700 Beschwerden von Kunden der Postbank und der DSL-Bank von Jahresbeginn bis September. Das waren fast dreimal so viele wie im gesamten Vorjahr. Mitte November forderten die Ampel-Berichterstatter innen für Verbraucherpolitik Entschädigungen für betroffene Kunden von der Deutschen Bank und betonten, dass es immer noch Probleme gebe. Und auch in den sozialen Netzwerken ärgern sich Kunden nach wie vor über lange Wartezeiten im Kundenservice und nicht ausgeführte Aufträge.

Kunden und Mitarbeiter der Postbank werden dem Jahr 2023 daher wohl nur wenige Tränen nachweinen. „Nächstes Jahr kann eigentlich nur besser werden“, mit diesen Worten sollte dieser Text ursprünglich enden. Doch nun müsste es wohl eher heißen: Düstere Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Denn nicht nur hat der Deutsche-Bank-Konzern vor wenigen Wochen angekündigt, hunderte Postbank-Filialen schließen zu wollen. Auch teilte er kurz vor Weihnachten mit, dass er nicht wie geplant alle Kundenanfragen zur Postbank bis Ende des Jahres bearbeiten konnte. Einen Teil der Fälle werde er daher erst Anfang 2024 abschließen. Ob es dabei bleibt, wird sich zeigen.

VON NINA BÄRSCHNEIDER