Rückblick auf die Open-Air-Saison: Konzerte, Freizeitpark, Regen und die Zukunft der Festivalwiesen

Ein fast normaler Bonner Sommer

Fast wie Woodstock: Nach dem „Randale & Freunde“-Festival sprachen nur noch Euphemisten von einer Wiese FOTO: WESTHOFF

Der Rheinländer blickt für gewöhnlich mit Zuversicht in die Vergangenheit. Was die Open-Air-Saison für dieses Jahr betrifft, so mag er sich, Geschmacksfragen außen vorgelassen, an einige hochkarätige Auftritte erinnern. Allen voran das äußerst gut besuchte Konzert von Roland Kaiser („Santa Maria“, „Sag mir wann“) auf dem „Kunstrasen“. Die Tour hieß in formvollendeter Bescheidenheit Kaisermania, und es herrschte wahrlich Kaiserwetter an diesem Tage, dem 7. Juli

An den Rand der Rheinaue kamen so unterschiedliche Musiker wie Simply Red, die Broilers, Ayliva und Bap. Veranstalter Ernst-Ludwig Hartz hieß am Ende der Saison mehr Gäste auf dem Konzertgelände willkommen als jemals zuvor. Nach der Corona-Pandemie stand einem ungebremsten Bonner Konzertsommer eigentlich nichts im Wege.

"Die große Blumenwiese ist in einem katastrophalen Zustand“

Ein paar Meter weiter, auf der Blumenwiese in der linksrheinischen Rheinaue, liefen die Dinge ein wenig aus dem Ruder. Schon bei „Rhein in Flammen“ im Mai schüttete es wie aus Kübeln. Nach dem Abbau der Aufbauten hinterließen Lastzüge derart gewaltige Spuren im Boden, dass ab diesem Zeitpunkt von einer Wiese nur noch die Euphemisten sprachen. Es war der erste Vorbote eines sehr warmen, aber sehr regenreichen Bonner Sommers.

Ende Juli strömten bei ebenfalls reichlich Niederschlag 20.000 Besucher auf die Blumenwiese, um dem „Randale & Freunde“-Festival von Querbeat beizuwohnen. Die Feiernden, aber auch die Abbauarbeiten verwandelten diesen Teil der Rheinaue erneut in eine Matschlandschaft, die aus Kindersicht keine Wünsche offenließ und für Festivalbesucher eine nicht geringe Ahnung von Woodstock erzeugte.

Erheiternd war das nicht für alle. Veranstalter Sandro Heinemann sprach von schwierigen Wetterverhältnissen und mit Verweis auf „Rhein in Flammen“ von einem vorgeschädigten Bodenerbe: „Die große Blumenwiese ist durch den Dauerregen und die Belastung in einem katastrophalen Zustand.“ Dirk Dötsch, der als Pächter des Rheinauen-Restaurants den Hut bei der Vergabe von Veranstaltungen auf der Blumenwiese aufhat, hatte von sämtlichen Veranstaltern Geld eingesammelt, um das Gebiet nach der Open-Air-Saison wieder in seinen Urzustand zu versetzen.

Eine öffentliche Debatte verhinderte das Wissen um diesen Fonds allerdings nicht. Rheinauen-Schöpfer Gottfried Hansjakob meldete sich aus München zu Wort. Wie auch einige örtliche Naturschutzverbände appellierte er, den Freizeitpark nicht mit Großkonzerten zu überfrachten. Dötsch und die Stadt kündigten an, die Wiese im kommenden Jahr besser schützen zu wollen

Mit dem Regen hatten sie nicht nur in der Rheinaue und im schleswig-holsteinischen Wacken beim dortigen Heavy-Metal-Konzert zu tun. Zeitlich parallel mit Wacken richteten die Gebrüder Reininger in Beuel-Vilich vom 3. bis zum 5. August ihr alljährliches Green-Juice-Festival aus. Die Verhältnisse „auf dem Platz“ waren allerdings durch rechtzeitig gelegte Bodenplatten nicht mit Wacken zu vergleichen. Beim Moshpit, einer modernen Form des Tanzkreises, waren dennoch Gummistiefel zu empfehlen.

Es ging bei diesen Sommerkonzerten gewohnt laut zu, was im Vorfeld zu einer Klage gegen das „Randale & Freunde“-Festival und die Karnevalssause „Jeck im Sunnesching“ (beides gerichtet an ungeduldige Narren) in der Rheinaue führte. Der Klageführer aus Beuel war der Meinung, dass die Stadt mehr laute Konzerte zugelassen hatte, als die Vorschriften für „seltene Ereignisse“ gestatten. Das Gericht lehnte den Eilantrag letztlich ab.

Wohl aber gab das gleiche Gericht vor einigen Wochen der Klage eines Beueler Ehepaars statt, das gegen zurückliegende Konzerte auf dem „Kunstrasen“ im Jahr 2021 geklagt hatte. Die Kammer war zu der Auffassung gekommen, dass die Stadt bei Erteilung der Baugenehmigung an den Bonner Veranstalter Ernst-Ludwig Hartz formale Fehler gemacht habe. Die Belange der Nachbarschaft habe die Verwaltung nicht ausreichend berücksichtigt. Die Bemühungen von Hartz um Lärmschutz lobte das Gericht ausdrücklich. Unklar ist bisher, ob und– wenn ja – welche Auswirkungen diese Entscheidung zu vergangenen Veranstaltungen für künftige Konzerte haben könnte. Indes bleibt für Konzert begeisterte nach dieser Saison eine wichtige Erkenntnis, die für die Zukunft hilfreich sein kann. Der Schirm als ständiger Begleiter ist mehr als ein Accessoire. Er schützt bei Regen ebenso das Haupt wie bei gleißen der Sonne.

VON PHILIPP KÖNIGS