Grundsteuererhöhungen: Bürgerproteste, Finanznöte und die Suche nach Lösungen

Alfter und Meckenheim: Die Wut der Hausbesitzer

Um die 1000 Meckenheimer protestieren im Oktober vor dem Rathaus gegen die Erhöhung der Grundsteuer FOTO: BARTH

Finanznöte haben die Politik in der Region im Jahr 2023 geprägt wie kaum ein anderes Thema. Besonders schmerzhaft mussten Bürger in Alfter und Meckenheim die Folgen der Unterfinanzierung der Städte und Gemeinden in NRW erfahren, nämlich am eigenen Geldbeutel: Beide Kommunen reagierten auf die desolate Haushaltslage mit einer Erhöhung der Grundsteuer B beziehungsweise entsprechenden Planungen.

In Meckenheim deutete sich diese Entwicklung schon im Frühjahr an. Der Entwurf für den Doppelhaushalt für 2023/24, den die Verwaltung im März einbrachte, enthielt ein Defizit von insgesamt rund 22 Millionen Euro. Während die Ausgaben der Stadt gegenüber 2021 um mehr als die Hälfte gestiegen waren, hatten sich die Einnahmen nur um ein Fünftel erhöht.

Zur Erklärung führte Bürgermeister Holger Jung zusätzliche Pflichtaufgaben an, die auf kommunaler Ebene gelöst werden müssten, ohne dass Land und Bund dies ausreichend finanzieren. Für die Bewältigung dieser Aufgaben seien zusätzliche Mitarbeiter nötig, was ohne eine massive Aufstockung des Personaletats nicht möglich sei.

Verwaltung und Stadtrat berieten monatelang darüber, wo Meckenheim sparen oder mehr Geld einnehmen könne; mehr als 100 Vorschläge kamen zusammen. Mitte Juni beschloss der Rat mit knapper Mehrheit einen geänderten Haushalt mit rund sechs Millionen Euro niedrigeren Ausgaben, unter anderem verzichtete die Verwaltung auf einen Teil ihrer Personalforderungen. Eine ähnlich knappe Mehrheit der Fraktionen segnete zum Abdecken der verbleibenden Finanzierungslücke eine Steuererhöhung ab. Der Hebesatz für die Grundsteuer B stieg damit in Meckenheim rückwirkend zum 1. Januar von 571 Punkten im Jahr 2022 auf 850 Punkte für 2023, eine weitere Erhöhung auf 895 Punkte wurde für 2024 beschlossen.

In Alfter war eine Erhöhung der Grundsteuer B schon seit Dezember 2022 eines der meistdiskutierten Themen im Stadtrat. Allerdings mit mehr Vorlauf als in Meckenheim, nämlich im Vorausblick auf den Doppelhaushalt für 2024/25. Die Gründe ähneln in vielen Punkten der Situation in Meckenheim: Corona-Pandemie, Inflation, Energiekrise und die Folgen von Ukraine-Krieg und Klimawandel drohen die Kommune finanziell zu erdrücken.

Auch die Bildungsinfrastruktur schlägt mit massiven Kosten zu Buche: Allein für eine notwendige Erweiterung des neuen Gymnasiums in Alfter wird derzeit mit Kosten in Höhe von rund 80 Millionen Euro gerechnet, Meckenheim plant mit mehr als 141 Millionen Euro für einen Neubau am Schulcampus die größte Investition der Stadtgeschichte. Angesichts leerer Kassen prägte in Alfter, neben drastischen Einsparungen, der Vorschlag einer schrittweisen Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes die Debatte: auf bis zu 1800 Prozentpunkte im Jahr 2028. Schon 2024 sollten es 1500 Punkte sein nahezu eine Verdopplung des 2023 gültigen Satzes von 763 Punkten. Begleitet wurden die Grundsteuer-Pläne in beiden Kommunen von Protesten. Zunächst bildete sich in Alfter eine Bürgerinitiative, die zu zwei Kundgebungen vor dem Rathaus aufrief und Unterschriften zur Abwahl von Bürgermeister Rolf Schumacher sammelte. Zur ersten Demonstration in Alfter kamen im September deutlich mehr als 500 Menschen, in Meckenheim zogen im Oktober etwa 1000 wütende Bürger vors Rathaus.

Der Alfterer Kämmerer legte im Dezember eine neue Berechnung vor: Demnach wird die Grundsteuer 2024 auf 995 Prozentpunkte angehoben. Weitere Planungen sehen, Stand jetzt, 1100 Punkte für das Jahr 2025 vor, 1500 für 2026 sowie 1700 Punkte im Jahr 2028. Darüber muss der Gemeinderat aber erst noch beraten und entscheiden. In Meckenheim scheiterten Bestrebungen der Ratsopposition, die Steuererhöhung zumindest für 2024 noch zu kippen. Einigen konnten sich die Fraktionen nur darauf, eine Arbeitsgruppe einzurichten. Diese soll, auch unter Beteiligung der Bürgerschaft, über Lösungen für die desolate Finanzsituation der Stadt beraten.

VON ALEXANDER C. BARTH