Im Volksmund wird der Himmerich auch der ,,Riesenschiss" genannt. Eigentlich wird der Bergname als ,,Hirschkuhberg" gedeutet. Ob das stimmt oder nicht - egal. Wer zum 366 Meterhohen Himmerich wandert, hat, aus welcher Richtung er auch aufbricht, eine Traumroute vor sich. Nächstgelegener Startpunkt ist der Parkplatz an der sehenswerten Servatius-Kapelle. Kleiner Tipp: Hier hält auch der von Bad Honnefkommende Bus, sodass der Spaziergänger die Rücktour zu Fuß bequem bergab ins Rheintal bestreiten kann.
Nach nur zwei sehr gut ausgeschilderten Kilometern ist das mit Gras bewachsene Plateau des Himmerich erreicht; es liegt 35 Meter unter dem Gipfel. Ein fantastischer Blick auf den Rhein und in die Eifel belohnt die kleine Anstrengung. Zwei Ruhebänke stehen bereit, um ganz entspannt die Augen über benachbarte Berge und die Stadt Bad Honnef wandern zu lassen. Im Rücken hat der Wanderer den zum Gipfel aufragenden Steilhang.
Mehr als 6600 Gäste kamen, viele davon aus dem Ausland
Im 19. Jahrhundert mit dem Latitabbau wurde hier begonnen, aber bereits 1910 der Steinbruch stillgelegt. Damit kam aber eine völlig neue Nutzung ins Spiel. Der Himmerich wurde nun zum „Petersberg der kleinen Leute". Die Naturfreunde Köln pachteten 1920 den ehemaligen Steinbruch samt Wohn- und Betriebsgebäude und machten es zu ihrer ersten Unterkunft. 1924 konnten die Naturfreunde ihr erstes selbst gebautes Ferienhaus eröffnen. Somit steigerten sie die Übernachtungskapazität von 20 auf 100 Betten. 1927 verzeichnete der Verein mehr als 6600 Gäste, auch aus dem Ausland.
Willi Ostermann
Hitlers Machtergreifung 1933 bedeutete das Ende der Idylle. Der gesamte Besitz der Naturfreunde wurde beschlagnahmt, die Auflösung des Vereins, der sozialdemokratisch orientiert war, angeordnet. Ein großes Denkmal für die Opfer der Separatistenkämpfe von 1923 sollte auf dem Himmerich entstehen. Zur Grundsteinlegung im Oktober 1933 reiste sogar Reichspropagandaminister Joseph Goebbels an. Aus dem Denkmal wurde nichts.
Geschichte ohne Happy End
Nach dem Krieg ging es für die Naturfreunde darum, das verlorene Eigentum zurückzuerhalten. 20 Jahre nach Kriegsende und nach mehreren Gerichtsverfahren erhielten die Naturfreunde nur eine Teilsumme zurück. Eine Rückkehr auf den Himmerich war wegen der Naturschutzverordnungen dann nicht mehr möglich. 2016 errichteten die Naturfreunde einen Gedenkstein auf dem Plateau, der an diese Geschichte ohne Happy End erinnert. Auf der Tafel ist auch der Code des Geschichtsweges angebracht. Wanderer können so direkt weitergehende Informationen erhalten.
Seit der Gedenksteineinweihung gibt es sogar eine Himmerich-Ballade frei nach dem Lied von Willi Ostermanns: ,,Da wo die sieben Berge am Rheinesstrande stehn, kannst du am Horizont auch den Himmerich erspähn, und an die schönen Stunden denkst du dann tausendmal, wo fröhlich wir spazierten durchs Mucherwiesental." Das Wandern aber macht zum Glück auch heute noch Spaß. oro