Es war fast wie am Mittelmeer. Bevor in Bad Honnef und Königswinter Freibäder eröffnet wurden, war der Sprung in den Rhein das Sommervergnügen par excellence. Allerdings nicht ganz ungefährlich. Neu angelegte Strandbäder zwischen Honnef und Oberkassel grenzten die von Stromschnellen und Untiefen ausgehenden Gefahren zwar ein, dennoch wurde das bunte Treiben nicht unkritisch gesehen - es gab auch sittliche Bedenken.
Vorzüglicher Sand und Wellenschlag
Mit dem Drachenfels im Hintergrund präsentierte sich das Rhöndorfer Strandbad wie auf einem Gemälde- und Künstler Wilhelm Redeligx diente es sogar als Motiv für das Honnefer Notgeld. Irgendwann wurde aus dem schwimmenden Badehaus aus Holz eine feste Station mit Terrasse und Café. Hier gab es vorzüglichen Sand und Wellenschlag, besonders wenn große Dampfer die Stelle passierten.
Die Rhöndorfer Einrichtung galt als etwas feiner als das Strandbad in Honnef, dessen Baracken oberhalb des Strandhotels Rheinau" standen. Rechts war die Umkleidekabine für Damen, links für Herren, in der Mitte für Familien. Honnefs Heimatdichter Franzjosef Schneider, ,,Et Freudeblömche", hat das Badegeschehen für die Nachwelt festgehalten.
Demnach muss das erste Honnefer Strandbad an der Nordspitze der Insel Grafenwerth gestanden haben. Dann wurde ,,die schwimmende Badeanstalt" in die frühere Honnefer Schiffersiedlung Mülheim verlegt. Morgens um 6 Uhr bereits führten die Lehrerinnen des vornehmen Mädchenpensionats Heinrich von Holleben ihre Schülerinnen dorthin zum Schwimmen.
Bademeister Hubert Rechmann, ein früherer Schiffer, war des Schwimmens unkundig. Ungeachtet dessen erteilte er fachmännischen Unterricht. Sein Kommando beim Anleiten der Probanden: ,,Eins, zwei, drei, die Bein usenein!"
Auch der britische Thronfolger Prinz Edward suchte bei seinem Aufenthalt in Königswinter im Sommer 1857 Abkühlung im Rhein, wie er seinem Tagebuch anvertraute. Damals gab es bereits zwei Bäder in Königswinter, eines nördlich der Clemens-August-Straße, das auch stark frequentiert wurde von ausländischen Schülern aus Bad Godesberger Pensionaten.
Die Witwe Helene Reinarz eröffnete im Juni 1900 eine schwimmende Badeanstalt. Sie war oberhalb der Fährstelle auf dem Rhein verankert. Das ,,Badeschiff" verfügte über 14 Kabinen für kalte und warme Zellenbäder. Reinarz erweiterte diese Anlage bald um eine große Schwimmhalle zur ,,Rhein-Bade- und Schwimmanstalt von Franz Jos. Reinarz Wwe". Über Treppen gelangten die Schwimmer in das mit einem Boden ausgestattete Bassin. Außerdem waren Seile quer durch das Becken gespannt. Zum Festhalten, denn der „Badekahn" wurde vom Rheinwasser leicht durchströmt. Sogar eine Schaukel gab es, und allein für Frauen reservierte Zeiten.
Bis zu 60 000 Besucher jährlich
Einige Kilometer weiter nördlich: Bis zu 60 000 Besucher pro Jahr zählte das 1912 angelegte Strandbad Oberkassel-Oberdollendorf. Der Werbespruch: ,,Besucht Deutschlands größtes und schönstes Flussbad!" Restaurationsgebäude, 80 Umkleiden, Kaffeezelt, ein 300 Meter langer und 50 Meter breiter Strand mit feinstem Sand, eine flache Badezone zwischen zwei Kribben. Eine Idylle.
Nicht alle urteilten so. In der Oberkasseler Zeitung war von schamlosem Badeleben die Rede. Und der Leiter des Kalkuhl-Gymnasiums untersagte seinen Schülern, bei dem heutigen moralischen Tiefstande" den Besuch des gerade eröffneten Strandbades unter Androhung des Schulverweises.
Mit dem Zweiten Weltkrieg kam das Ende der großen Plantsche. Das Oberdollendorfer Bad wurde von einer Brandbombe getroffen. Auch das Rhöndorfer Bad wurde zerstört. Später machte das verschmutzte Rheinwasser den Badespaß kaputt.
Längst ist das Wasser wieder sauber. Wegen der Gefahren wird heute vor dem Schwimmen im Rhein eindringlich gewarnt. Auch am Rhein, nämlich auf der Rheininsel Grafenwerth, befindet sich das idyllische Bad Honnefer Freibad, das als eines der ersten der Region alljährlich in die neue Saison startet. oro