Um die anhaltend hohe Inflation im Euro-Raum einzudämmen, hat die Europäische Zentralbank (EZB) seit Jahresanfang die Zinsen kräftig erhöht. Beispielsweise hob die EZB den Einlagenzins, also den Zinssatz, für den Banken bei der EZB ihr Geld über Nacht parken können und der die Sparzinsen für Verbraucher maßgeblich bestimmt, von zwei Prozent auf vier Prozent an.
Doch viele Banken geben diesen deutlichen Zinsanstieg nur teilweise oder verzögert an Ihre Kunden weiter. Oder locken sie mit einem Zinssatz, der in etwa dem Einlagenzins der EZB entspricht, aber befristet ist und nur für einen begrenzten Anlagebetrag gilt.
„Daher lohnt sich für Anleger, einen Blick auf Anleihen zu werfen, zum Beispiel deutsche Staatsanleihen. Insbesondere für Laufzeiten von bis zu zwei Jahren“, erklärt Thomas Roche, Senior-Portfoliomanager beim unabhängigen Vermögensverwalters Asset Concepts Neuenahr-Ahrweiler. aus Bad Denn diese Anleihen bieten im Vergleich zu den meisten Festgeldangeboten eine ähnliche Rendite, allerdings bei niedrigerem Risiko und höherer Flexibilität.
Gerade das Thema Risiko wird bei der Festgeldanlage oftmals ignoriert. Den meisten Anlegern ist vermutlich nicht bewusst, dass es sich bei einem Festgeld wirtschaftlich und juristisch um einen unbesicherten Kredit an eine Bank handelt. Sollte die Bank „Insolvenz gehen“ -was nicht außergewöhnlich ist, wie die jüngsten Beispiele der Credit Suisse oder der North Channel Bank zeigten - kann es durchaus passieren, dass die Bank den Kredit in Form einer Tages- bzw. Festgeldanlage oder eines Sparbuches nur teilweise oder im schlimmsten Fall überhaupt nicht zurückzahlt.
Zwar greift in solchen Fällen bis zu einem Betrag von 100.000 Euro pro Person und Kreditinstitut zunächst die gesetzliche Einlagensicherung und zusätzlich die jeweiligen (freiwilligen) Einlagensicherungssysteme der Banken, Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Bei Beträgen darüber hinaus besteht jedoch ein Restrisiko, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit zwar gering ist, aber mit einem erheblichen Verlustausmaß bis hin zum Totalverlust verbunden sein kann.
Dieses Risiko besteht zwar bei einer Anlage in deutsche Staatsanleihen auch, allerdings ist die Insolvenz der Bundesrepublik Deutschland - die die bestmöglichen Bonitätsnote von AAA aufweist deutlich unwahrscheinlicher als die Insolvenz einer Bank.
Dennoch weisen viele Festgeldangebote nur eine ähnliche beziehungsweise geringere Verzinsung als deutsche Staatsanleihen auf, trotz der schlechteren Bonität der Banken. „Anleger werden folglich nicht adäquat für das Emittentenrisiko der Bank kompensiert“, erklärt Roche.
Neben dem attraktiveren Rendite-Risikoprofil weist die Investition in Anleihen im Vergleich zum Festgeld noch weitere Vorteile auf. Zum einen ist sie ist komfortabler, da keine Streuung über mehrere Banken aufgrund der Investition in Wertpapiere und dem damit verbundenen Wegfall der begrenzten Einlagensicherung notwendig ist. Zum anderen sind Anleihen bis zu ihrer Fälligkeit jederzeit an der Börse liquidierbar, so dass Anleger bei Bedarf auch flexibel an ihr Geld kommen. Aufgrund der Vielzahl an verfügbaren Laufzeiten lässt sich die Investition in Anleihen zudem auf den Anlagehorizont beziehungsweise die Liquiditätsbedürfnisse des Anlegers maßschneidern.
Anders als beim Festgeld benötigen Anleger für die Investition in Anleihen ein Wertpapierdepot. Zudem fallen Gebühren für den Kauf und Verkauf an. Darüber sollten sich Anleger im Vorfeld informieren, um zu verhindern, dass die Kosten möglicherweise den Renditevorteil aufzehren.
Insgesamt rät der Experte allerdings davon ab sein Vermögen ausschließlich in verzinsliche Anlagen zu investieren. Denn aktuell liegt die Inflationsrate in Europa noch deutlich über dem aktuellen Zinsniveau und Anleger erleiden mit soliden Zinsanlagen in Euro derzeit einen realen Vermögensverlust. Für den und den Vermögensaufbau realen Vermögenserhalt führt langfristig kein Weg an einem breit gestreuten Portfolio mit Aktien vorbei, so Roche.
Umfrage zeigt: Deutsche überschätzen ihr Finanzwissen
Kennen Sie den Unterschied zwischen einer Aktie und einem Fonds? Und lässt der Begriff „Rentenlücke“ Sie kalt, weil Sie aktiv Vorsorge betreiben? Einer repräsentativen Umfrage der IU Internationalen Hochschule zufolge zeigen sich Deutsche in Sachen Finanzbildung zumindest sehr selbstbewusst – nicht unbedingt zu Recht.
Vier von fünf Befragten (79,7 Prozent) schätzen ihre eigene finanzielle Bildung demnach „eher gut“ bis „sehr gut“ ein. Als wichtigste Quellen für ihr Finanzwissen gaben die Befragten unter anderem die Familie (41,3 Prozent), allgemeine Ratgeberbücher und -zeitschriften (37,1 Prozent) sowie Finanzwebseiten (36,6 Prozent) an. Von Influencerinnen und Influencern in den Sozialen Medien lassen sich immerhin zwei von fünf Deutschen (19,6 Prozent) informieren.
Im Rahmen der Studie hat die Hochschule auch das tatsächliche Finanzwissen der Befragten anhand eines Tests untersucht- und die Ergebnisse sprechen eine andere Sprache. Von maximal 20 möglichen Punkten erreichten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Schnitt nur etwas mehr als die Hälfte (10,7 Punkte). Studienleiter Prof. Johannes Treu schließt aus der deutlichen Diskrepanz zwischen Selbsteinschätzung und tatsächlichem Wissen, dass das eigene Finanzwissen oft überschätzt wird. Das kann bei Anlageentscheidungen gefährlich dpa sein.