Geplante Änderungen des Gebäudeenergiegesetzes könnten Immobilienbesitzer mitunter hart treffen und einen Trend zur Miete befeuern

Gebäudeenergiegesetzes (GEG): Das Heizungsgesetz treibt die Menschen um

Auslaufmodell: Ein Mitarbeiter eines Diesel- und Heizöl-Unternehmens prüft die Tanks in einem Heizungskeller bei der Heizöllieferung für ein Einfamilienhaus. FOTO: CHRISTIAN CHARISIUS/DPA

Kaum ein Thema beschäftigt die Immobilienwirtschaft derzeit so intensiv, wie die Änderung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Mit dem bislang vorliegenden Entwurf, der derzeit allerdings zum Zankapfel in der Regierungskoalition geworden und noch keinesfalls beschlossene Sache ist, verbietet die Bundesregierung ab dem 1. Januar 2024 den Einbau von reinen Gas- und Ölheizungen. „Die Nutzung von Heizungen mit 65 Prozent erneuerbarer Energie wird hingegen Pflicht und in den kommenden Jahren Millionen privater Eigentümer finanziell hart treffen“, betont Markus Gelderblom (Hauptgeschäftsführer Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg). „Für ältere Gebäude ist überdies nur eine noch teurere hybride Lösung mit Wärmepumpe und Gasbeziehungsweise Ölheizung technisch umsetzbar.“ Die hohen Investitionen werden ohne Förderung viele Hauseigentümer überfordern, führt er aus: „Und vor allem potenzielle Käufer von einem Kauf der Immobilie abschrecken.“ Auch den Mietmarkt werde die Entwicklung treffen.

Die negativen Auswirkungen der aktuellen Diskussionen im Zuge des GEGs sind auch für Michael Carl (Volksbank Köln Bonn) greifbar: „Ich habe unlängst eine Weiterbildung zum Zertifizierten Modernisierungsberater besucht, bei der ein Referent die Modernisierungskosten für den Eigentümer eines durchschnittlichen Bestandshauses auf rund 100 000 Euro veranschlagte.“ Über die Aussage kann der Kaufmann in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft nur mit dem Kopf schütteln: „Das ist insbesondere für viele ältere Immobilienbesitzer oft nicht mehr realisierbar, zumal einige ab einem gewissen Alter eine Beleihung der Immobilie scheuen.“ Alters- oder krankheitsbedingt würden daher einige Hausbesitzer ihre Immobilie verkaufen müssen, aus finanziellen Gründen eher weniger: „Ich schätze unsere Kunden so ein, dass sie im Ernstfall beispielsweise auf einen kostspieligen Urlaub verzichten und das vorhandene Geld in die Unterhaltung ihrer Immobilie stecken, um sie auf jeden Fall zu halten“, glaubt Carl: „Die große Masse wird nicht verkaufen müssen aus finanziellen Gründen.“

Der Bonner Haus & Grund-Hauptgeschäftsführer Gelderblom sieht das kritischer: „Es kommt jetzt sehr darauf an, was im parlamentarischen Verfahren aus dem GEG wird“, betont er: „Wenn wir das Gesetz dann weiter mit den 80 Jahren als Härtefallgrenze haben, dann wäre das natürlich völliger Nonsens.“

,,Es kommt jetzt sehr darauf an, was im parlamentarischen Verfahren aus dem GEG wird“
Markus Gelderblom
Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg

Derjenige, der kein finanzielles Polster, sondern sein Geld in der eigenen Immobilie angelegt habe, werde gezwungen sein, eine Wärmepumpe einzubauen und begleitende Maßnahmen wie eine Dach- oder Fassadendämmung mit zu erledigen:„Viele Hausbesitzer können das schlicht nicht finanzieren. Eine Finanzierung scheidet bei älteren Eigentümern ebenfalls aus. Sie müssten dann verkaufen, was sollen sie sonst tun?“

Gelderblom befürchtet, dass bei einem Verkauf mit großen Abschlägen gerechnet werden müsse: „Das wäre eine kalte Enteignung. Noch ist es aber ein bisschen der Blick in die Glaskugel, und ich hoffe sehr, dass im parlamentarischen Verfahren die Novelle noch deutlich nachgebessert wird.“ Über das Ziel sei man sich ja im Prinzip einig: „Wir müssen für den Klimaschutz alle Opfer bringen.“ Auch er gehe davon aus, dass die Menschen alles tun werden, um ihre Immobilie zu halten. „Aber das Thema treibt die Menschen massiv um.“

Was Gelderblom auch registriert: „Durch die Diskussion um das GEG und den Umstand, dass viele Kaufwillige einen Immobilienkauf derzeit nicht mehr finanzieren können, wächst in der Folge der Druck auf den Mietmarkt: Menschen, die nicht kaufen können, müssen mieten.“ Dies führe zu einer weiteren Verknappung der Mietwohnungen. Aus seiner Sicht allerdings eine bedauerliche Entwicklung: „Die Eigentumsquote in Deutschland ist im Vergleich zu europäischen Nachbarländern ohnehin schon schlecht - und wird noch schlechter.“ Dafür würden die Mietpreise steigen, wenn auch im Bestand geringer als bei Neuverträgen.

Gelderblom betont jedoch, dass Wohnraum in Bonn und flächendeckend in Deutschland trotzdem bezahlbarer geworden sei: „Für Bonn gilt, dass im Zeitraum 2015 bis 2021 die Löhne um 14,0 Prozent gestiegen sind, während die Bestandsmieten nur um 6,3 Prozent erhöht wurden. Bei Neuvertragsmieten lag die Erhöhung bei 7,1 Prozent.“ Auch für den Rhein-Sieg-Kreis sei die Differenz positiv: Die Lohnentwicklung habe plus 13,2 Prozent betragen, während sich die Bestandsmieten sowie die lediglich Neuvertragsmieten um 6,1 Prozent erhöhten.

Viel Nachfrage auf dem Mietmarkt bestätigt Henning Dieke (Cloudberry Real Estate GmbH): „Letztes Jahr haben wir bei einem Neubau-Objekt in Wesseling die Vermietung von 35 Wohnungen übernommen“, so der Neubau-Experte. „Bei einem Preis von 12,60 Euro für den Quadratmeter hatten wir über 1000 Anfragen, teilweise waren die Interessenten sehr emotional.“

Daher sei die Vermietung der Objekte auch schon nach zweieinhalb Monaten komplett abgeschlossen gewesen: „Ich weiß, dass dort in der gleichen Straße ein neues Projekt mit 16 Euro geplant ist.“

Dass die geplanten energetischen Auflagen bei den Bestandsimmobilien trotzdem ein Problem bleiben, bestätigt Bernd Meier (Hüttig & Rompf): „Hinzu kommt die Verunsicherung auf dem Markt und die Psychologie.“ Meier führt das aus: „Eine Heizung, die 30 Jahre alt ist, die muss automatisch getauscht werden. Warum?“ Es gebe Heizungen, die effizienter als jüngere Anlagen seien. „Warum geht man nicht nach dem tatsächlichen Zustand?“, fragt er sich: „Der Schornsteinfeger kommt sowieso jedes Jahr. Man nimmt die Leute nicht mit. Deswegen fühlen sich die Menschen auch alle überfordert.“

Doch den Eigentümern rät Meier erst einmal zur Gelassenheit: Schließlich gebe es in der aktuellen Situation „keinen besseren Geldentwertungsschutz“ als eben den Kauf einer Immobilie. Arbeiten müssten allerdings an der Bezahlbarkeit einer Immobilie. „An der Zinssituation werden wir aktuell nicht viel tun können“, betont Bernd Meier: „Man muss aber darüber nachdenken, wie man den Kauf einer Immobilie einfach und zielgerichtet fördern kann.“

Exemplarisch verweist Finanzierungsexperte Bernd Meier auf die Grunderwerbssteuer: „Da sind wir in Nordrhein-Westfalen mit 6,5 Prozent ganz weit vorne.“ Insgesamt würden sich die Kaufnebenkosten - Grunderwerbssteuer, Notar- und Gerichtskosten, Maklercourtage - auf zwölf Prozent der Kaufsumme summieren: „Das Geld muss man ja erst mal zusammensparen bei einer Immobilie, die 500 000 Euro, 600 000 Euro oder mehr kosten soll.“

Helfen könnten auch staatliche Förderprogramme wie das KfW 40-Programm: „Da gibt es 150 000 Euro zu 1,5 Prozent je nach Gesamtlaufzeit. Das ist alleine schon oft die Kaufentscheidung, damit ich es überhaupt noch hinbekomme.“ Daher müsse aus Sicht von Bernd Meier eine verlässliche Unterstützung her. „Am Ende unterstützen wir damit nicht die Immobilienbranche, sondern diejenigen Menschen, die etwas kaufen wollen.“

Aus Sicht von Annette Lombard (Vorsitzende des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt Bonn) kommt bei Thema Sanierung im Bestand hinzu, dass kaum Handwerker zu bekommen sind. „Mir hat ein Bauunternehmer gesagt: Wenn ich heute eine Wärmepumpe bestelle, warte ich zwei Jahre.“ Die Aussage können sie natürlich nicht überprüfen, aber sie sagt: „Aber man muss natürlich Wartezeiten in Kauf nehmen, und ob ich dann so eine Sanierung in Angriff nehmen möchte, ist schon die Frage.“

VON AXEL VOGEL