Das Beueler Bürgerfest fällt in diesem Jahr leider wieder aus. Das ist für alle Beteiligten eine bittere Nachricht. Für Interessenten aber kein Grund, nicht doch mal genauer hinzuschauen, was sich so alles tut auf der „Schääl Sick“. Wir hätten da ein paar Ideen, denn natürlich hat die Sonnenseite Bonns viel mehr zu bieten als das alljährliche Fest.
Apropos Schääl Sick: Einen wirklich guten Einblick in die etwas unbekannten Seiten Beuels bietet der Rundgang, den Stattreisen Bonn anbietet. Auf dem Weg durch die Gassen fühlt man sich wie auf einem Gang durch die Jahrhunderte. Bei der spannenden Führung geht es um Römer und Franken, den 30-jährigen Krieg, das Herzogtum Berg, die Preußen und natürlich um die Franzosen, mit denen ständig irgendein Krieg tobte. Hier erfahren wir, was es mit dem Mehlem'schen Haus auf sich hat, das mit dem Geld aus dem Fährbetrieb gebaut wurde. Wer nicht weiß, was eine Gierponte ist, erfährt es auf dem Rundgang.
Und warum waren die Beueler Wäscherinnen eigentlich so berühmt und berüchtigt, deren kulturelle Nachfolgerinnen noch heute im Karneval den Ton angeben? Die hielten dereinst als treibende Kräfte die Wäscherei-Szene am Laufen und produzierten den „Beueler Duft“, der bei schönem Wetter die sonnigen Wiesen am Rheinufer erfüllte. Hier wurden nach dem Waschen mit der frisch erfundenen Chlorbleiche nach einem Bleichvorgang die groben Leinenstoffe aus dem Westerwald zum Trockenen ausgelegt. Vor 100 Jahren gab es in Beuel um die 100 Wäschereibetriebe, die meisten von ihnen im Familienbesitz: Auf engstem Raum wuschen die Frauen und unterhielten sich dabei, so dass die „tratschenden Waschweiber“ bis heute ein Begriff sind.
Bevor wir uns jetzt ins Getümmel des Beueler Stadtlebens stürzen, müssen wir natürlich noch einen Blick zurück auf die Brücke werfen. Heute kaum zu glauben, aber nach ihrer Einweihung 1898 landete das Bauwerk nach Ansicht der rechtsrheinischen Bürger auf ihrer Seite „im Nirgendwo“. Es gab Zwist um die Verteilung der Kosten, aber das ist natürlich längst vergessen. Und auch das berühmte Brückenmännchen, das die Bonner mit seinem Popo Richtung Beuel zeigen ließen, ist inzwischen Richtung Süden nach Frankfurt gerichtet - aber das ist dann schon wieder eine ganz eigene Geschichte, die Stattreisen gerne und sehr lebhaft erzählt.
Wir sind aber inzwischen im Hier und Heute angekommen. Und da hat Beuel nachweislich sehr, sehr viel zu bieten. Ob es die vielen kleinen - meinst Inhaber-geführten - Geschäfte und Boutiquen sind, die erstklassigen Biomärkte, die Kinos oder die vielfältigen Kneipen und Restaurants. Vor allem Kultur wird groß geschrieben. In der Brotfabrik finden grandiose Aufführungen und wunderbare Kino-Abende statt. Das Junge Theater Bonn ist eine der ältesten und renommiertesten Bühnen für das junge Publikum. Und das Pantheon gilt weit über die Grenzen Bonns hinaus als Kabarett und Musiktheater der Extraklasse.
Na, ist das Interesse auf Beuel geweckt? Dann hilft sicher auch noch diese Nachricht: Anstelle des großen Stadtfestes will die Gewerbe-Gemeinschaft Beuel an diesem Wochenende ein „kleines, aber feines“ Beuel-Fest anbieten. Also, auf nach Beuel - es gibt ja immer was zu erleben. jöw