Zinsentwicklung
Seit dem Beginn der weltweiten Finanzkrise Ende 2007 sind die Zinsen ab 2008 kontinuierlich gesunken und der Leitzins der EZB verharrte seit 2016 bei 0 Prozent. In der Vergangenheit hatte der niedrige Zinssatz, vor allem in den Ballungsgebieten, eine riesige Immobiliennachfrage entstehen lassen, die Angebotsseite hingegen stagnierte oder reduzierte sich sogar. Zwar gab es weiterhin Standard-Verkäufe, bedingt durch Scheidungen oder Erbschaft, aber wer es sich leisten konnte, verkaufte seine Immobilie nicht, da jedes Jahr deutliche Wertzuwächse erwartbar waren. Andererseits bewirkte die Nullzinspolitik, dass Banken keine Habenzinsen gewährten, zeitweise sogar Negativzinsen auf Guthaben gezahlt werden mussten. Eine jährliche Steigerung der Kaufpreise um fünf bis zehn Prozent war der Normalzustand, also warum verkaufen?
Seit einem dreiviertel Jahr steigen die Zinsen rasant an. Lag der durchschnittliche Zinssatz im Dezember 2021 bei 1,4 Prozent (Vollfinanzierung, inklusive Tilgung ohne Nebenkosten) sind es jetzt (Oktober 2022) 4,4 Prozent. Konkret heißt das: Käufer, die im Dezember 2021 eine 400 000 Euro teure Wohnung für monatlich 1361,17 Euro finanzieren konnten, zahlten im September 2022 eine Rate von 2003,80 Euro. In zehn Monaten stieg die monatliche Belastung um 47,2 Prozent, sprich 641 Euro. (Quelle: Mockenhaupt GmbH & Co. KG).
Wie sich die Zinsen weiter entwickeln, ist schwer zu sagen, es ist aber unwahrscheinlich, dass der Anstieg mittelfristig wie in den letzten neun Monaten verläuft.
Kaufpreisentwicklung
Über die letzten zehn Jahre gesehen, entwickelten sich die Immobilienpreise rasant, Steigerungen um die 10 Prozent p.a. waren in Ballungsräumen die Regel. Aktuell scheint die Zeit der exorbitanten Preissteigerungen vorbei zu sein, sie verharren in Ballungsräumen auf hohem Niveau oder sinken bereits leicht.
Der Standort Bonn und die stadtnahen Gebiete des Rhein-Sieg-Kreises haben dabei den Vorteil, dass die Prognosen für die nächsten Jahre noch positiv sind, da auch weiterhin starke Zuzugsbewegungen zu erwarten sind, andererseits viel zu wenig neuer Wohnraum geschaffen wird.
Wie sich die Preisentwicklung mittel- und langfristig bewegt, hängt von diversen Faktoren ab. Enormen Einfluss hat zweifellos das marktwirtschaftliche Prinzip von Angebot und Nachfrage. Durch den enormen Zinsanstieg im letzten dreiviertel Jahr wird die Zahl der potenziellen Käufer stetig sinken, weil es für Normalverdiener unmöglich wird, eine Finanzierung zu erhalten.
Hinzu kommt ein weiterer Punkt. Viele Verträge, die in der Vergangenheit mit günstigen Zinssätzen und manchmal Spitz auf Knopf" abgeschlossen wurden, laufen aus und müssen zu deutlich verschlechterten Konditionen verlängert werden. Hier könnte dann der Effekt eintreten, dass Immobilienbesitzer sich ihr Haus oder ihre Wohnung schlicht nicht mehr leisten können und zum Verkauf gezwungen sein werden.
Sinkt die Nachfrage und das Angebot steigt, so wird dies letztlich auch Einfluss auf die Verkaufspreise haben, sie werden alle Wahrscheinlichkeit nach perspektivisch sinken. Wann der Kipppunkt erreicht sein wird, d.h. dass das Angebot die Nachfrage wieder übersteigt, ist schwer zu prognostizieren, da neben den reinen Zinserhöhungen auch viele gesamtwirtschaftliche Faktoren betrachtet werden müssen. Zudem sind die Unwägbarkeiten der Inflationsentwicklung, der Energiekrise und der weitere Verlauf und die Folgen des Ukrainekriegs bei weitem nicht absehbar.
Wann verkaufen?
Manche Immobilienbesitzer, die jahrelang die permanente Wertsteigerung ihrer Immobilien mit Freude betrachten konnten, ihre Immobilie als renditestarke Wertanlage gesehen hatten und nicht aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen waren zu verkaufen, werden langsam nervös. Werden die Verkaufspreise auf dem jetzigen Niveau verharren oder vielleicht auch sinken? Dabei spielen diverse Faktoren eine Rolle. Verkäufer von Immobilien, die sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand befinden, werden Probleme bekommen, da potenzielle Käufer vor aufwendigen und immer teurer werdenden Sanierungen und Modernisierungen und vom Mangel an Handwerkern abgeschreckt werden.
Auch die Entwicklungen der Materialpreise am Bau spielen hierbei eine Rolle. Um hier noch Käufer zu finden, wird wohl oder übel über eine Reduzierung des Kaufpreises nachgedacht werden müssen. Immobilien in gutem Zustand und guter Lage werden weiterhin ihre Käufer finden, obgleich die Nachfrage sinken wird. Aber auch hier gilt: die Zeiten der ,,Mondpreise" sind vorbei, vor allem, wenn das Angebot weiter steigt und Käufer wieder Alternativen haben. Letztlich wäre die Entwicklung zu begrüßen, wenn sich Angebot und Nachfrage wieder die Waage halten würden.