Beständig bewegen, oft über längere Zeiträume: Das ist typisch fürs Wandern - und gut für Körper, Geist und Seele

Warum Wandern gesund und glücklich macht

Sohlen mit Profil sind für Wanderungen empfehlenswert. FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA-TMN

Wenn wir in schöner Natur sind, tritt meist ziemlich schnell ein Entspannungsreflex ein. So beschreibt es Prof. Rüdiger Reer.,, Es fällt alles von einem ab. Sie entrücken dem Alltag", sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). Diesen Entspannungseffekt löst das limbische System aus, das in unserem Gehirn die Gefühle verwaltet.

1. Wandern kräftigt das Herz-Kreislauf-System
,,Der Blutdruck wird dauerhaft gesenkt", sagt Prof. Reer. Denn beim Wandern werde über einen längeren Zeitraum vermehrt Stickstoffmonoxid (NO) ausgeschüttet. Dieses Gas reguliert den Blutdruck und ist dem Experten zufolge ein wichtiger, körpereigener Gefäßerweiterer. So sinkt das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Hinweis: Die Luft in höheren Lagen ist dünner, daher sollten Menschen mit Herzproblemen Höhen von mehr als 2500 Metern meiden. Dort steigt das Herzinfarktrisiko. ,,Ein gesundes Herz ist für die höhere Belastung auf 2500 Metern und mehr dagegen gewappnet", sagt Reer.

Tipp: Der Deutsche Sportärztebund (DGSP) rät Menschen ab 35 Jahren, sich ärztlich untersuchen zu lassen, bevor sie mit dem Wandern beginnen – meistens ist das eine Leistung, die die Krankenkassen übernehmen. Eine Voraussetzung dafür: Sie wählen eine Ärztin oder einen Arzt, den die DGSP empfiehlt. Eine Liste empfohlener Sportmediziner finden Sie online, geordnet nach Postleitzahlen.

Übrigens: Der Ruhepuls liegt laut Deutscher Herzstiftung... bei Erwachsenen bei 60 bis 80 Schlägen, bei älteren Kindern und Jugendlichen bei 80 bis 100, bei Kleinkindern bei 100 bis 120 Schlägen. Durch körperliche Aktivitäten wie das Wandern wird der Ruhepuls gesenkt. Das bedeutet: Ihr Herz wird kräftiger und kann mit einem Schlag mehr Blut in die Hauptschlagader pumpen.

2. Wandern stärkt das Immunsystem 
Der Effekt tritt ein, da Sie sich moderat über einen längeren Zeitraum körperlich belasten. „Wenn Sie sich kaum bewegen oder die Belastung zu hoch ist, hat das einen schlechten Effekt auf das Immunsystem“, sagt Bewegungsmediziner Reer.
Zudem bildet der Körper bei Tageslicht Vitamin D: „Auch angesichts der Covid-19-Pandemie ist das zur Immunstimulation besonders gut.“
Noch ein Pluspunkt: Gegenüber anderen Infektionskrankheiten ist man weniger anfällig, weil der Körper durch Bewegung Cortisol abbaut. Dieses Stresshormon hemmt laut Reer das Immunsystem.

3. Wandern stärkt die Muskeln und Körperstabilität
Am meisten trainieren Sie beim Wandern folgende Körperteile: Oberschenkel, Waden,Gesäßmuskulatur (vor allem bei Steigung und Gefälle). Aber nicht nur das: „Wandern ist eine fantastische Sportart, weil fast alle Muskeln beansprucht werden“, sagt Reer.
Auf unebenen Wegen kommt das Körperzentrum immer wieder aus dem Lot. „Der Rücken gleicht das aus“, erklärt der Experte. Außerdem tragen die Hüft- und Bauchmuskeln zur Stabilisierung bei. Auch Schultern und Arme sind auch beim Wandern gefordert, weil sie die Beinbewegungen ausgleichen. Mit einer gut trainierten Muskulatur sinkt das Verletzungsrisiko.

4. Wandern ist gut für Gelenke und Knochen
Wandern stärkt laut Deutschem Wanderverband den gesamten Bewegungsapparat: Knochen, Sehnen, Bänder, Gelenke.
Es klingt unlogisch, aber durch Belastung – sofern diese nicht übertrieben ist – werden auch die Gelenke belastbarer.
Der Grund: Wenn sich Muskeln aufbauen, schützt das die Gelenke vor Stößen und direkter Krafteinwirkung. Beim Wandern ist der Effekt laut Reer besonders gut, da Sie ihre Muskeln auf unebenem Terrain, über Stock und Stein, vielfältig und filigran trainieren.

Tipp: Nutzen Sie Wanderstöcke, rät Stefan Winter vom Deutschen Alpenverein (DAV). Das gilt besonders für steile Abstiege. Sonst können die Kniegelenke durch eine zu große Belastung Probleme machen. Die Stöcke sorgen für Ausgleich. „Das Körpergewicht wird besser verteilt, und man ist trittsicherer“, sagt Winter.Auch die Hüftgelenke werden vor Überbelastung geschützt.

5. Wandern ist gut für die Psyche und gut gegen Stress
Der Rhythmus der Bewegung und die immer wiederkehrenden Auf- und Abstiege wirken beruhigend auf die Psyche. Reer erklärt: „Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin werden reduziert, Glückshormone wie Endorphine oder Serotonin werden gesteigert,wenn Sie sich über einen längeren Zeitraum betätigen. Das ist sehr gut für die Entspannung.“

Das zeigt auch eine repräsentative Studie, die im Auftrag des Deutschen Wanderverbandes durchgeführt wurde. Dort heißt es: 82,7 Prozent der Wanderer fühlen sich nach einer Wanderung glücklich und zufrieden. 73,8 Prozent fühlen sich immerhin seelisch ausgeglichener. Für diese Studie hat das Europäische Tourismus Institut an der Universität Trier 2010 insgesamt 3000 Menschen telefonisch befragt.

6. Wandern ist gut für die Figur und hilft beim Abnehmen
Wandern regt den Stoffwechsel an und hilft beim Abnehmen besonders effektiv. Das hat zwei Gründe: „Man verbraucht sehr viele Kalorien", sagt DAV-Fachmann Winter. Sie gehen bergauf und bergab, und das ist anstrengend. „Sie müssen Ihren Körper ja gegen die Schwerkraft bewegen." In der Regel betätigt man sich beim Wandern viel länger als bei anderen Sportarten - und verbrennt allein dadurch in der Praxis oft mehr Kalorien.

Wie schneidet das Wandern im Vergleich zum Joggen ab?
Ab einer Dauer von vier Stunden hat Wandern beim Abnehmen einen größeren Effekt als Joggen, sagt Reer. Der Professor erklärt dies an einem Beispiel: Wandert eine etwa 75 Kilo schwere Person vier Stunden auf relativ ebener Strecke, verbraucht sie etwa 1400 Kilokalorien. Dies ist mehr als beispielsweise eine Stunde Joggen."