Frau Roßbach, seit der Hochwasser-Katastrophe in Rheinland-Pfalz und NRW sind zwei Jahre vergangen. Wie schätzen Sie die Situation mit Blick auf die geleistete Hilfe ein?
MANUELA ROSSBACH: Haupt- und ehrenamtliche Helfer:innen leisten seit Juli 2021 Großartiges. Ihnen und den Tausenden Spontanhelfenden und lokalen Initiativen, die sofort nach der Katastrophe zur Stelle waren, danken wir von Herzen. Jetzt, zwei Jahre später, schreitet der Wiederaufbau vielerorts voran. Doch wirksame Hilfe nach großen Katastrophen erfordert immer einen langen Atem. Daraufhaben wir uns von Anfang an eingestellt und die Hilfsprojekte entsprechend geplant.
Welche Hilfen leistet das Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ derzeit in den Flutgebieten?
Derzeit geht es in vielen Hilfsprojekten darum, Kinder und Erwachsene dabei zu unterstützen, die traumatischen Erlebnisse sowie die Angst vor starkem Regen und Wasser zu verarbeiten: mit psychosozialer Unterstützung, Kinderbetreuung, Reiten, Malen oder Theater. Nach schweren Katastrophen wie dem Hochwasser ist nichts mehr, wie es einmal war. Und das wird es auch nicht mehr werden. Das zu akzeptieren, ist sehr schwer. Genau dabei helfen wir Kindern und Erwachsenen bestmöglich: mit dieser Wirklichkeit umzugehen, andere Perspektiven zu entwickelnund gemeinsam etwas Neues zu schaffen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Wiederaufbauhilfe. Wir unterstützen vor allem bedürftige Familien finanziell, ebenso wie soziale Einrichtungen, Initiativen und Vereine.
Manche Betroffene haben das Gefühl, dass es zu lange dauert, bis Hilfe bei ihnen ankommt...
Das kann ich nachvollziehen. Wir sind weiterhin im ständigen Austausch mit Behörden und Gemeinden, um bestimmte Vorgänge zu erleichtern. In der humanitären Hilfe ist es zudem Standard, dass Hilfsorganisationen die jeweilige Situation der betroffenen Menschen prüfen: Wie ist ihre wirtschaftliche Notlage? Wurden bereits staatliche Hilfen gezahlt; haben Versicherungen gegriffen? Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Dennoch konnten wir in den vergangenen Monaten bereits den größten Teil der Spenden in Hilfe umsetzen. Unter anderem für Direktzahlungen in Höhe von bis zu 2.500 Euro pro Haushalt. Und wir stellen weiterhin Geld für den Wiederaufbau selbstgenutzter Wohngebäude und für psychosoziale Hilfsangebote bereit.
Welche finanziellen Hilfen können Betroffene bei den Hilfsorganisationen beantragen?
80 Prozent der Bauschäden erstatten in der Regel die Förderbanken der Bundesländer. Um die übrigen 20 Prozent zu finanzieren, können Betroffene einen Antrag bei unseren Hilfsorganisationen stellen. Das gilt auch weiterhin!
Und welche Möglichkeiten haben Betroffene, sich dabei beraten zu lassen?
Die Fluthilfebüros der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Johanniter (JUH) und der Malteser (MHD) sind weiterhin geöffnet. Dort helfen Mitarbeitende aus unserem Bündnis persönlich weiter. Auch unter der Hotline 06723/685578 oder unter www.Aktion-Deutschland-Hilft.de/Betroffene gibt es Infos rund um unsere gemeinsame Fluthilfe. Grundsätzlich gilt: Vereine, Initiativen und vom Hochwasser betroffene Familien können weiterhin Spenden für den Wiederaufbau ihrer Häuser, für Hausratund Inventarschäden beantragen.
Wie werden diese Beratungsangebote im Katastrophengebiet angenommen?
In Gesprächen mit Menschen vor Ort hören wir immer wieder, dass manche sich unwohl dabei fühlen, externe Hilfe sowie Spenden zu beantragen. Andere wissen nicht, wohin sie sich wenden können. Diesen Menschen stehen Mittel aus dem staatlichen Wiederaufbaufonds zu - und sie können bei unseren Hilfsorganisationen Geld beantragen, etwa für die Eigenanteile bei Baureparaturen von 20 Prozent. Allen Spenderinnen und Spendern garantiere ich: Jeder für die Hochwasserhilfe gespendete Euro wird den betroffenen Menschen zugutekommen. Das ist mir ein Herzensanliegen. Wir lassen niemanden allein!