"Wir lassen die Betroffenen nicht allein"

Dr. Jürgen Clemens, Referent für Hochwasserhilfe bei Aktion Deutschland Hilft. FOTO: DEUTSCHLAND HILFT

Dr. Jürgen Clemens, Referent für Hochwasserhilfe bei Aktion Deutschland Hilft und zuvor Fluthilfekoordinator beim Malteser Hilfsdienst, spricht über den wichtigen Beitrag, den die Fluthilfebüros bei der Bewältigung der verheerenden Flut-Katastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen vom Juli 2021 heute in den betroffenen Gebieten leisten können

Die Unterstützung der Betroffenen durch Aktion Deutschland Hilft und seine Bündnisorganisationen ist auch gut 15 Monate nach der Flut-Katastrophe noch immer wichtig. Welche Rolle spielen dabei die Fluthilfebüros?

Dr. Jürgen Clemens: Die Fluthilfebüros der Hilfsorganisationen im Bündnis Aktion Deutschland Hilft dienen zunächst als zentrale Anlaufstellen für Betroffene in den Schadensgebieten. Hier kann im persönlichen Gespräch das Anliegen vorgebracht und gegebenenfalls bei der Antragstellung von Fördermitteln der staatlichen Banken unterstützt werden. Dieses Angebot richtet sich gerade auch an ältere Menschen und jene die beim Ausfüllen der Förderanträge - die nur online gestellt werden können - Unterstützung benötigen. Darüber hinaus können betroffene Familien und Personen bei den Kolleginnen vor Ort eine Bezuschussung des Eigenanteils im Nachgang der staatlichen Förderung beantragen. Der macht bei Gebäudeschäden 20 Prozent aus und kann nach sorgfältiger Prüfung der wirtschaftlichen Bedürftigkeit anteilig oder in Einzelfällen auch komplett aus Spendengeldern der Bündnisorganisationen bestritten werden.

Mit welchen Fragen können sich Menschen aus den betroffenen Gebieten noch an die Helfer:innen in den Büros wenden?

Clemens: Jeder der in den Büros um Hilfe bittet, wird mit seinem Anliegen ernstgenommen. Immer wieder erleben Kolleg:innen in den Fluthilfebüros, dass von der Flut betroffene Menschen auch über ein Jahr nach dem Ereignis mit einer psychischen oder mentalen Überlastung zu kämpfen haben oder traumatisiert sind. Das Personal vor Ort ist entsprechend geschult, hier sensibel nachzufragen und entsprechende Hinweise zu geben, an welche Fachstellen sich Betroffene wenden können. Dies kann im Bedarfsfall von der Vermittlung einer Selbsthilfegruppe in unmittelbarer Nähe bis hin zum Angebot einer psychologischen Betreuung reichen. Einige Bündnisorganisationen haben hier für separate Programme und Teams mit entsprechenden Fachleuten.

Wie lange sollen die Fluthilfebüros für die Belange der Menschen, die von den Auswirkungen der Katastrophe betroffen sind, noch als Anlaufstelle dienen?

Clemens: Solange sie noch gebraucht werden! Und wir sprechen hier in einigen Gebieten über einen längeren Zeitraum, denn bekanntermaßen werden zahlreiche Betroffene erst im nächsten Jahr ihre Kostenschätzungen für die Gebäudeschäden zusammen haben und die vollständigen Anträge stellen können. Das haben uns auch die Erfahrungen aus vorherigen Flutkatastrophen in Deutschland gelehrt. Solange der Bedarf für diese Hilfsangebote vor Ort noch da ist, lässt Aktion Deutschland Hilft mit seinen Bündnispartnern die von den Folgen der Flut betroffenen Menschen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen nicht allein.

Wie werden die Betroffenen über die Fluthilfebüros informiert?

Clemens: Über die Hotline 06723/685578 erfahren die Betroffenen montags bis freitags jeweils von 8 bis 18 Uhr die Kontaktdaten der für sie nächstgelegenen Fluthilfebüros. Auch für betroffene Vereine etc. werden Kontaktdaten einzelner Bündnisorganisationen mitgeteilt.



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