Codingschule: Noch immer ist IT-Branche eine Männer-Domäne / Das muss und soll sich ändern

Women in Tech e.V.: Frauen für die Boys Clubs

Die Codingschule hilft jungen Frauen beim Einstieg in den Job - hier eine der Geschäftsführerinnen der Schule, Güncem Campagna (rechts) und Nachwuchsexpertin Hadeel Abusido. FOTO: CODINGSCHULE

Ein Blick in die IT-Abteilungen von Firmen und Behörden oder auch in den Hörsaal einer Informatik-Fakultät zeigt: Frauen sind nach wie vor eine Ausnahme in der Informatik. Relativ zäh hält sich der Anteil weiblicher Angestellter in IT-Berufen bei 17 Prozent, obwohl sie doch knapp die Hälfte aller Arbeitskräfte im Land stellen. Ein Blick ins Ausland zeigt: Höhere Frauenanteile in der Branche sind möglich, aber schwer zu erreichen.

Dabei waren Frauen auch in der Informatik-Branche durchaus Vorreiterinnen. „Software-Pionierinnen wie Margaret Hamilton machten die Landung auf dem Mond mit ihrem Code überhaupt erst möglich und ohne die Netzwerkarchitektur von Radia Perlman, würden wir heute nicht mühelos Daten durchs Internet oder in die Cloud schicken“, erklärt die Webseite get-in-it.de. Doch „trotz dieser großartigen Role Models sind Frauen in der IT unterrepräsentiert und in Führungspositionen mit der Lupe zu suchen.“ Und das Jobportal FiveTeams schreibt zum gleichen Thema: „Was viele nicht wissen: Die ersten Programmierer waren weiblich! Noch in den 1980er Jahren war Programmieren ein typischer Frauenberuf. Allerdings war es damals meist eine Schufterei für Büroangestellte mit niedrigem Status.“

Frauen in IT-Berufen helfen auch, die Chancengleichzeit bei den Nutzerinnen zu erhöhen. FOTO: ITGIRLS GBR
Frauen in IT-Berufen helfen auch, die Chancengleichzeit bei den Nutzerinnen zu erhöhen. FOTO: ITGIRLS GBR

Woran liegt es, dass junge Frauen den Weg in MINT-Berufe und vor allem in die Informatik nach wie vor scheuen? Trotz aller Werbekampagnen, Gleichstellungsbemühungen von Politikern, Firmenchefs und Personalmanagern und trotz bester Verdienstmöglichkeiten? Und obwohl sich längst herumgesprochen hat, dass echte Innovationen nur durch möglichst vielfältige Teams erreicht werden, zu denen unbedingt auch Frauen gehören sollten. FiveTeams macht exemplarisch mehrere Problempunkte aus. Die reichen von einer „Abschlusslücke“ durch fehlende Studierende in IT-Fächern über die Verbleibs- und Kulturlücke bis hin zur Gründer- und Führungslücke und endet beim Lohngefälle. Ja, traurig aber wahr, auch in dieser Branche ist der Gender-Pay-Gap eklatant. FiveTeams beziffert ihn auf 18 Prozent.

Allen gesellschaftlichen und ökonomischen Widrigkeiten zum Trotz ist jetzt der Moment, in dem Frauen auf den Zug aufspringen sollten. Der Arbeitsmarkt bietet mehr Chancen als je zuvor. Und Frauen können in der IT-Branche sehr selbstbewusst ordentliche Gehaltsanpassungen fordern.

Schon länger werben Firmen, Konzerne, Organisationen und Verwaltungen um Frauen in IT-Berufen. Und dass nicht nur, um die angestrebte Diversifizierung zu erreichen, und um frische Ideen in verstaubte Denkprozesse zu bringen. Sondern auch, weil Fachkräfte – egal welchen Geschlechtes – händeringend gebraucht werden. Vorreiter sind große Unternehmen wie die Deutsche Telekom, die als erster DAX-Konzern eine Frauenquote für Führungspositionen festgelegt hat.

Damit das hohe Ziel einer höheren Frauenquote in allen IT-Bereichen erreicht werden kann, lassen sich Unternehmen und Hochschulen einiges einfallen. Die Kombination von Frauen-affinen Fächern wie Wirtschaft wird mit Informatik kombiniert, Teilzeit-Studiengänge sollen die Vereinbarkeit von Familie – bisher immer noch weitgehend die Aufgabe der Frauen – und Beruf vereinfachen. Tech-Start-ups entwerfen neue Arbeitskulturen, und Diversity Management wie Kinderbetreuung, flexiblere Arbeitszeitmodelle, Weiterbildungsmöglichkeiten und Mentoren-Programme sollen Frauen den Einstieg schmackhaft machen.

Gut zu wissen in diesem Zusammenhang, dass die als trocken und nerdig empfundene IT-Branche immer breiter, interdisziplinärer und interessanter wird. Das Karriereportal absolventa.de listet nur ein paar der Berufe auf und nennt die Schnittstelle zu Medizin, Ingenieurwesen oder Finance. Weiter geht’s mit der Kombination von Fächern wie Medizinische Informatik oder Wirtschaftsinformatik. Im Bereich Datensicherheit lassen sich IT mit Rechtswesen und Beratung kombinieren. Als IT-Security Consultant berät man beispielsweise Unternehmen, um sie vor digitalen Gefahren wie Datenklau, Hacks und Cyber-Crime zu schützen. „Oder du wechselst die Seite und wirst von Unternehmen dafür bezahlt, Schwachstellen im eigenen System aufzuspüren und sie damit vor riesigen Schäden zu bewahren – Ethical Hackerin nennst Du Dich dann“, empfiehlt absolventa.de ihren Leserinnen.

Übrigens ist auch für Quereinsteigerinnen der Markt so günstig wie nie. Hier hat sich die Cording Schule in Düsseldorf einen guten Ruf erworben. Sowohl in Präsenzunterricht als auch in Live-Webinaren stehen „die hohe Qualität der Lehre und der Praxisanteil im Vordergrund“. Güncem Campagna, Gründerin und Geschäftsführerin der Tech and Teach gGmbH, die die Coding Schule betreibt erklärt dazu: „In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Jobs in der IT und im digitalen Sektor entstanden. Die meisten von ihnen verlangen Kreativität, soziale Kompetenzen und sind abwechslungsreich. Außerdem sind sie gut bezahlt, zukunftssicher und im Home Office ausübbar. Frauen sollten auf jeden Fall über einen Quereinstieg nachdenken, die Voraussetzungen sind sehr gut.“

Wie dringend Frauen auch für die Zukunftsaufgaben benötigt werden, macht das online-Magazin get-in-it.de deutlich: „Die digitale Transformation wird unseren Alltag immer stärker durchdringen und sie betrifft alle. Umso wichtiger ist es, dass in allen Applikationen und Algorithmen Chancengleichheit implementiert ist, um z.B. bias in KI und unfaire Algorithmen zu verhindern.“ Die Sinnstiftung der Arbeit, die gerade die jüngere Generation immer stärker einfordert, ist in IT-Berufen ganz oft direkt sichtbar. Das zeigt sich gerade im Gesundheitswesen sehr deutlich.

Informatik-Bereiche, die noch vor Kurzem eher mit viel Argwohn betrachtet wurden, erweisen – bei richtiger Anwendung – der Gesellschaft große Dienste. KI, Machine Learning, Big Data, Data Mining oder Cloud Computing sind nur ein paar Schlagworte, die in Zukunft immer wichtiger werden. Und genau diese Zukunft braucht Frauen, die sie vorantreiben und mit kritischem Blick unter Kontrolle behalten. JÖRG WILD

KARRIERE

Women in Tech – das sind wir!

Women in Tech e.V. ist ein branchenübergreifender, gemeinnütziger Verein mit dem Ziel, Frauen in technischen Berufen zu gewinnen, fördern und weiter sichtbar zu machen.

„Wir wollen einen Beitrag zu einer gleicheren und diverseren Gesellschaft leisten und insbesondere Mädchen und Frauen dazu motivieren einen technischen Beruf zu ergreifen“, heißt es auf der Informationsseite.

Digitale und lokale Events, Aufbau eines Netzwerks aus Unternehmen, Bildungseinrichtungen und anderen Organisationen, Mentorships, Jobausschreibungen, Weiterbildungen, Programmierkurse, Karriere-Coachings und vieles mehr zählt zu den Leistungen von Women in Tech. „Unsere Vision ist, so viele Frauen in der Technik und IT zusammenzubringen wie es nur möglich ist. Wenn es uns gelingt, die Brücke ins digitale Zeitalter zu schlagen, samt den Fähigkeiten, die es dabei braucht, um diese zu gestalten, dann stehen uns alle Wege offen, diesen Planeten zu einem nachhaltigeren und besseren Ort zu machen.“ jöw

www.womenintechev.de