VON EVA NEUTHINGER
Bereits im Sommer dieses Jahres zeichnete sich nach einer Studie der FMH-Finanzberatung in Frankfurt in Kooperation mit dem Institut für Vergleichsstudien SWI Finance ab, dass sich weniger Bundesbürger den Traum von der eigenen Immobilie erfüllen können. Zwar bleiben die Preise danach erst einmal mehr oder weniger konstant: Die steigenden Zinsen aber bewirken auf der einen Seite eine sinkende Nachfrage auf dem privaten Immobilienmarkt. Zudem fürchten viele Interessenten, dass sie sich selbst bei hohen Einkommen in der aktuellen Situation mit steigenden Lebenshaltungskosten keine Immobilie mehr leisten können oder wollen", sagt Max Herbst, Chef der FMH-Finanzberatung in Frankfurt. Dieser fehlende Nachfragedruck führt vorerst zu leichten Preiszugeständnissen. Andererseits wird das Angebot aus seiner Sicht immer begrenzter, auch weil durch den Rohstoffmangel immer weniger Neubauten auf den Markt kommen", so Herbst. Unterm Strich aber liegen die Gesamtkosten für den Kauf aufgrund der steigenden Zinsen wesentlich höher als bisher.
Niedrigere Tilgung
In dem Szenario kommen vor allem Käufer zum Zug, die sich höhere monatliche Raten leisten können oder bereit sind, ihre Immobilie über einen längeren Zeitraum abzuzahlen - die also wieder wie früher mit einem oder zwei Prozent Tilgung finanzieren. In der absoluten Niedrigzinsphase haben einzelne Banken Kredite nur dann vergeben, wenn sich der Kunde rechnerisch eine Rate für Zins und Tilgung von fünf bis sechs Prozent leisten konnte. ,,Immobilienkäufer investieren auch mehr Eigenkapital, das sie aus Schenkungen und Erbschaften generieren", so Herbst. Jene Bundesbürger, die keine finanziellen Zuschüsse erhalten und die über kein hohes Einkommen verfügen, haben es bei Finanzierungen momentan sehr schwer. Denn die Kreditinstitute haben das Problem, dass sie umso mehr Eigenkapital hinterlegen müssen, je weniger die Kreditnehmer einbringen. ,,Man sucht sich seine Kunden genau aus", so Herbst.
Höhere Pauschalen für die Lebenshaltung
Überdies haben einige Geldhäuser die Pauschalen für die Lebenshaltungskosten und den Unterhalt der Objekte nicht zuletzt aufgrund der hohen Energiekosten nach oben angepasst. Auch daraus resultiert, dass weniger Familien und Singles die Hürden nehmen können, weil vom Einkommen zu wenig für Zins und Tilgung übrigbleibt. ,,Natürlich führen die steigenden Preise und Zinsen zu höheren Kosten der Haushaltsführung. Deshalb ist mehr denn je eine Beratung wichtig, die das gesamte Lebensumfeld im Blick hat", erklärt Andreas Oelke, Bereichsleiter Privatkunden Immobilienberatung der Sparkasse KölnBonn. Bei Finanzierungen ist es für die Sparkasse wichtig, dass die finanziellen Belastungen in den kommenden 30 oder 40 Jahren noch tragbar sind. „Mehr Eigenkapital senkt die monatliche Belastung, ist aber nicht zwingend gefordert", so Oelke. Die Mindesttilgung beträgt bei der Sparkasse 1,5 Prozent, ,,wobei wir darauf achten, dass Darlehenslaufzeiten von rund 40 Jahren nicht überschritten werden", so der Bankexperte.
Neue Bewertung
Sogar die Immobilienbewertung hat sich bei einigen Banken verschoben. Wer sein Gebäude noch sanieren will, bekommt dafür oft weniger Geld. Denn 50 000 Euro Sanierungskosten bedeuten nicht automatisch einen Immobilien-Mehrwert von 50 000 Euro und mehr. Darüber hinaus wurden die KfW-Fördermittel extrem zusammengestrichen. ,,Die Amortisierung der Kosten, trotz Fördermittel, dauert immer länger", kommentiert Herbst.
Zuschuss von der Bank
Doch einige Banken unterumweltfreundliche stützen Finanzierer. Die Ing Diba hat ihr Finanzierungsangebot Ende Juli für klimabewusste Immobilienkäufer verbessert. Die Bank gewährt einen Zinsvorteil von 0,1 Prozentpunkten, wenn das Haus die Energieeffizienz-Klasse A+ oder A aufweist. Der Nachlass gilt für Neubauten und für Modernisierungen. Mit dem Kreditangebot wollen wir Kundinnen und Kunden dazu ermuntern, bei ihren Investitionsvorhaben über nachhaltige Alternativen nachzudenken", sagt Bianca de Bruijn-van der Gaag, Leiterin Baufinanzierung ING Deutschland. Abhängig vom Bauvorhaben müssen nach Angaben der Bank die Antragstellenden den entsprechenden Energiestandard bis zu drei Monate nach Fertigstellung mit einem offiziellen Energieausweis nachweisen.
Auch die Sparkasse Köln Bonn hilft privaten Kreditnehmern. Seit Mai dieses Jahres gibt es den „S-Green Credit". Diese Darlehensform beinhaltet einen Zuschuss der Sparkasse KölnBonn für nachhaltige Projekte und Anschaffungen. Dieser beläuft sich bei einem vorab abgeschlossenen Kreditvertrag auf zwei Prozent der Darlehenssumme - etwa für eine Immobilienmodernisierung oder den Kauf eines E-Autos. Das bezieht sich auf Beträge zwischen 10 000 Euro und 80 000 Euro bei einer Laufzeit von 36 Monaten. Maximal gibt es 1600 Euro.