Der Rat der Stadt Bonn hat den Klimaplan beschlossen. Welche Relevanz hat dieser Plan für die Wirtschaft?
KATJA DÖRNER: Um bis 2035 klimaneutral zu werden, müssen wir alle an einem Strang ziehen: Stadtverwaltung, Bürgerinnen und Bürger, Unternehmerinnen und Unternehmer - ob zuhause oder im Verkehr, in der Industrie, im Handel, Handwerk oder in anderen Dienstleistungsunternehmen. Auf die Wirtschaft entfallen rund 30 Prozent aller Bonner Treibhausgasemissionen. Gleichzeitig werden die Dienstleistungen und Produkte der Wirtschaft zur Erreichung der Klimaneutralität benötigt. Insbesondere das Handwerk spielt auf dem Weg zur Klimaneutralität eine zentrale Rolle. Es ist daher essentiell, die Unternehmen als verlässliche Partner für den Klimaschutz und die dazu nötigen Investitionen zu gewinnen.
Das kann nur gelingen, wenn sich Klimaschutz auch rechnet. Die Maßnahmen des Bonner Klimaplans, beispielsweise die Sanierung von Gebäuden, der Bau von Solaranlagen, der Ausbau der Fernwärmeinfrastruktur und die anschließende Wartung und Instandhaltung, werden einen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten und sind insbesondere für das Handwerk eine Wachstumschance: Im Klimaplan werden neben den vermiedenen Umweltkosten - zusätzliche jährliche regionale Unternehmensumsätze von 123 Mio.€ prognostiziert, die zur Steigerung der Unternehmensgewinne um rund 7 Mio.€ und der Nettoeinkommen der Beschäftigten von 47 Mio.€ führen werden. Der Zuwachs an Arbeitsplätzen liegt bei über 1.300.
Im Rahmen des Klimaplans unterstützt und fördert die Stadt die Bonner Wirtschaft auf diesem Weg zur Klimaneutralität: So möchten wir das betriebliche Mobilitätsmanagement in Bonner Unternehmen fördern und Klimapartnerschaften mit Gewerbe und Industrie mit dem Ziel aufbauen, industrielle Produktionsprozesse auf die verstärkte Nutzung regenerativer Energieträger umzustellen. Austausch, Vernetzung und das Lernen von guten Beispielen sind auch in diesem Handlungsfeld Erfolgsfaktoren.
Die Bonner Wirtschaftsförderung hat den Nachhaltigkeits-Hub Region Bonn initiiert. Was sind die Ziele?
KATJA DÖRNER: Mit dem Nachhaltigkeitshub möchten wir die Region zu einem Zentrum für nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln. Ziel ist es, unsere Unternehmen besser in die Lage zu versetzen, mit grünen Ideen schwarze Zahlen zu schreiben und damit die Transformation der Wirtschaft in Bonn und darüber hinaus zu befördern.
Perspektivisch sollte Nachhaltigkeit nicht einfach ein weiterer unternehmerischer Aspekt werden, sondern die Grundlage allen wirtschaftlichen Handels darstellen.
Die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle stellt für Dienstleistungsunternehmen, Industrie und Handel teilweise sehr branchen- und unternehmensspezifische Herausforderungen für Unternehmensabläufe, Prozesse und Wirtschaftlichkeit dar. Dabei haben Unternehmen viele Möglichkeiten, nachhaltiger zu werden - beispielsweise im Bereich Gebäudedämmung, Energieeffizienz, durch die Umstellung auf erneuerbare Energien, bei der Mobilität und Logistik, durch eine Optimierung des Flächenverbrauchs, durch nachhaltigen Einkauf, Verbesserung der Chancengleichheit oder Steigerung von Ressourceneffizienz durch Prozessoptimierung oder Recycling.
Der Nachhaltigkeits-Hub Region Bonn bringt diese Vielfalt an Ansprüchen, Expertise und Erfahrungen zusammen. Er informiert, unterstützt und inspiriert Selbstständige, Startups und Unternehmen auf ihrem Weg dabei mit Veranstaltungen und Beratungsangeboten und bietet eine Plattform für Zusammenarbeit, Erfahrungs- und Wissensaustausch.
Die Stadt Bonn hat ein Förderprogramm für Photovoltaikanlagen aufgesetzt. Profitiert auch die Bonner Wirtschaft von dem Programm?
KATJA DÖRNER: Der klimaneutrale Betrieb von Bürogebäuden, Maschinen, Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen ist nur mit einem massiven Ausbau erneuerbarer Energien möglich. Solarstrom ist damit einer der zentralen Bausteine der Klimaneutralität - auch für die Wirtschaft. Wir haben in Bonn ein großes bisher ungenutztes Potenzial, uns selbst mit regenerativer Energie zu versorgen: Bonn kann seinen Stromverbrauch zur Hälfte selbst decken, wenn alle nutzbaren Dächer mit Photovoltaik ausgerüstet werden. Dazu braucht es auch die Wirtschaft: Denn neben Wohngebäuden können auch eine Vielzahl weiterer Immobilien und Freiflächen mit Solaranlagen bestückt werden.
Ich möchte daher alle Unternehmerinnen und Unternehmer ermutigen: nutzen Sie Ihre Bürogebäude, Gewerbehallen und Parkplätze für Photovoltaik, machen Sie Ihre Dächer voll und arbeiten Sie mit uns gemeinsam daran, Bonn bis 2035 klimaneutral zu machen! Die Stadt Bonn unterstützt Sie dabei: die Solarförderung für Gewerbetreibende ist seit Anfang des Jahres deutlich attraktiver. Einen Großteil der Solarfördergelder sehen wir für große Solaranlagen vor, um dieses Solarpotenzial schnell zu heben. Solaranlagen auf Parkflächen sind jetzt förderbar, zum Beispiel auf Firmenparkplätzen, bei Supermärkten oder Baumärkten. Hier wird urbaner Raum flächeneffizient doppelt genutzt. Neu ist auch eine Förderung von Solarthermieanlagen und die Förderung vorbereitender Untersuchungen der Dächer hinsichtlich Statik oder Dichtigkeit. Für Mietshäuser gibt es eine Förderung von Mieterstrommodellen.